NOTARZT 2015; 31(06): 294-300
DOI: 10.1055/s-0041-108569
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Maritime Notfallmedizin in der deutschen Nord- und Ostsee

Maritime Emergency Medicine in the German North and Baltic Sea
M. Stuhr
1   Abt. für Anästhesie, Intensiv- und Rettungsmedizin, Zentrum für Schmerztherapie, BG Unfallkrankenhaus Hamburg
2   Arbeitsgruppe „Maritime Notfallmedizin“, Deutsche Gesellschaft für Maritime Medizin e.V.
,
J. Kohfahl
2   Arbeitsgruppe „Maritime Notfallmedizin“, Deutsche Gesellschaft für Maritime Medizin e.V.
3   Facharzt für Allgemeinmedizin, Notfallmedizin, Betriebsmedizin, Sportmedizin
,
T. Kerner
4   Abt. für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin, Schmerztherapie, Asklepios Klinikum Harburg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
18. Dezember 2015 (online)

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Zusammenfassung

Die Rettung und notfallmedizinische Versorgung auf See stellt eine große Herausforderung dar. Eine ganz wesentliche Besonderheit der maritimen Notfallmedizin sind die bei Notfällen unter Umständen lebensbedrohlicher Schweregrade, verlängerten Intervalle der Erstversorgung, und Beförderung in die Klinik. Kernelement der maritimen Notfallversorgung auf Handelsschiffen ist daher die telemedizinisch angeleitete Laienhilfe zur Überbrückung dieser Zeiträume. Auf Kreuzfahrtschiffen hingegen ist regelhaft ärztliches Personal anwesend, sodass die medizinische Notfallversorgung hier unter gänzlich anderen Rahmenbedingungen stattfindet. Kreuzfahrtschiffe steuern häufig Zwischenhäfen an, während Handelsschiffe sich überwiegend in für professionelle Rettungsteams und Rettungshubschrauber nicht erreichbaren Seegebieten bewegen. In der deutschen Nord- und Ostsee besteht durch die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) ein Netz aus Seenotrettungsbooten und -kreuzern, und es ist grundsätzlich möglich, eine medizinisch begründete Evakuierung von Schiffen, Inseln oder anderen Strukturen durchzuführen. Hierbei kommt den seegängigen Hubschraubern beispielsweise der Marine aufgrund des Zeitvorteils eine große Bedeutung zu. Diese müssen über eine Rettungswinde verfügen, um Rettungspersonal an Bord zu bringen und im Anschluss den Patienten an Bord übernehmen zu können. Neben der notwendigen persönlichen Schutzausrüstung erfordert die Tätigkeit auf Seenotrettungskreuzern und seegängigen Rettungshubschraubern eine spezielle Ausbildung sowie permanentes Training. Neue Aspekte ergeben sich durch den Bau und Betrieb von Offshore-Windparks, für die sich inzwischen betriebliche Luftrettungsdienste etabliert haben. Die Analyse von Seenot- und Luftrettungseinsätzen sowie medizinischen Ereignissen in Offshore-Windparks könnte helfen, die maritime Notfallmedizin zukünftig auf eine evidenzbasierte Grundlage zu stellen.

Abstract

Rescue and emergency medical care at sea provides several challenges far off the coast. Due to the remote locations at sea, particularly the prolonged time interval between prehospital emergency care and transport to hospital is substantially different to land-based emergencies. An important part of the maritime medicine is the Telemedical Maritime Assistance Service. In contrast to merchant ships, on board a cruise ship there is always a medical team, which enables advanced medical care to be offered. In the German North and Baltic Seas, the German Maritime Search and Rescue Service (DGzRS) provides a sea rescue service with life boats and sea rescue cruisers and thus the opportunity for medical evacuations. Because of the time advantage, the latter is often done by the air-sea rescue service with its helicopters, run by the German navy. These must be equipped with a winch because only few ships provide a helipad. Working for an air-sea rescue service requires protective equipment, and specific as well as permanent training. New aspects have emerged because of offshore wind-farms, and for these, specialized air rescue services have been established in the meantime. Analyzing all rescue missions in the German North and Baltic Seas and in offshore wind-farms can provide an evidence base for maritime emergency medicine.