Zusammenfassung
Die intrinsische Verbindung von Empowerment und Partizipation wird in der Ottawa-Charta
zur Gesundheitsförderung deutlich: Um Autonomie und Kontrolle über die eigenen Gesundheitsbelange
zu erlangen (Empowerment), müssen Bürger die Möglichkeit haben, einen Einfluss auf
ihre Umwelt zu nehmen (Partizipation). Dies impliziert, dass die Entscheidungsmacht
über wesentliche Faktoren, die mit dem Gesundheitszustand zusammenhängen, oft nicht
in den Händen der Bürger liegt. Es stellt sich die Frage: Wie kann diese Macht so
(um)verteilt werden, dass Bürger mehr selbst bestimmen können? Diese Frage ist nicht
nur auf höchster politischer Ebene relevant, sondern auch im Rahmen der konkreten
Zusammenarbeit zwischen lokalen Akteuren, denn hier werden wesentliche Entscheidungen
über die Ausrichtung und Ausstattung gesundheitsfördernder Maßnahmen getroffen. Vor
Ort kann ein zentraler Beitrag zur Stärkung von Nachbarschaften und Gemeinden und
damit zu lebensweltorientierter Gesundheitsförderung realisiert werden. In diesem
Artikel wird die Methode „Kreise der Entscheidung” vorgestellt, die dazu dient, den
Grad der erreichten Partizipation verschiedener Akteure an der Gesundheitsförderung
zu überprüfen. Diese Methode basiert auf dem Ansatz der Partizipativen Qualitätsentwicklung,
der von den Autoren und ihren Praxispartnern konzipiert wurde. Auf der Grundlage eines
gemeinsamen Verständnisses von Partizipation als Entwicklungsprozess wird der Aufbau
partizipativer Formen der Zusammenarbeit erleichtert – zum einen, weil die verschiedenen
Ausprägungen der Partizipation konkretisiert werden, und zum anderen, weil die Möglichkeit
zur Überprüfung der eigenen Zusammenarbeit nach dem aktuellen und erwünschten Stand
der Partizipation besteht. Dadurch wird die Diskussion über Partizipation transparenter
und für die Beteiligten handhabbar.
Abstract
The intrinsic connection between empowerment and participation is apparent in the
Ottawa Charter on Health Promotion. In order for citizens to reach a higher degree
of autonomy and control over health-related factors (empowerment) they need to have
an active role in the decision-making processes affecting their lives and the environment
in which they live (participation). This implies that many decisions are made affecting
the health of citizens over which they have no influence. The question is: Who has
the power to make such decisions and how can this power be shared more equitably?
This question can be raised not only at the highest political level, but also locally
in the context of the collaboration between various stake-holders. The local level
plays a key role in deciding which health promotion measures are developed and funded,
thus contributing in an important way to strengthening communities. In this article
the method “Circles of Decision-Making” is presented as a tool for assisting those
working at the local level in determining to what degree the active participation
of the various stake-holders has been achieved and in what ways the participation
of those “on the outside” of decision-making processes can be strengthened. This method
is based on the concept of Participatory Quality Development (PQD) created by the
authors and their community partners. PQD uses methods from community-based research
to address issues of quality in community-level health promotion and prevention.
Schlüsselwörter
partizipative Qualitätsentwicklung - partizipative Gesundheitsforschung - lebensweltorientierte
Gesundheitsförderung - Zusammenarbeit - Partizipation - Empowerment
Key words
community-based participatory research - health promotion - quality assurance - decision-making
- power - stakeholders
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1 Im Interesse der Lesbarkeit wird ausschließlich die männliche Form verwendet. Gemeint
sind weibliche und männliche Personen.
Korrespondenzadresse
Dr. M. T. Wright
Forschungsgruppe Public Health
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB)
Reichpietschufer 50
10785 Berlin
eMail: wright@wzb.eu