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DOI: 10.1055/s-0042-119083
Therapie von Knorpelläsionen des Kniegelenks – Mikrofrakturierung und autologe Chondrozytentrans-plantation
Korrespondenz
Publication History
Publication Date:
14 December 2016 (online)
Eine norwegische prospektive, randomisierte, kontrollierte Multi-Center-Studie vergleicht die therapeutischen Langzeitergebnisse einer Mikrofrakturierung (MF) und der zunehmend verbreiteten autologen Chondrozytentransplantation (ACT).
Knutsen G, Drogset JO, Engebretsen L et al. A Randomized Multicenter Trial Comparing Autologous Chondrocyte Implantation with Microfracture – Long-Term Follow-up at 14 to 15 Years. J Bone Joint Surg Am 2016; 98: 1332 – 1339
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Einleitung
Verschiedene Verfahren zur operativen Behandlung von isolierten Knorpelläsionen wurden in den letzten 20 Jahren (weiter-)entwickelt, darunter die Mikrofrakturierung, ACT mit und ohne Kollagen-Matrix, Stammzellinjektion sowie autologe und allogene osteochondrale Transplantate. Ein langfristiger Nutzen ist bisher für keine der Therapien belegt.
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Methodik
Nach intraoperativer Randomisierung wurden je 40 Patienten mit chronisch symptomatischer Knorpelläsion einer Femurkondyle mittels MF oder ACT behandelt. Prä- und postoperativ im Verlauf wurden nach 2, 5 und 15 Jahren nativradiologische Kontrollen durchgeführt und u. a. folgende klinische Scores erhoben: International Cartilage Repair Score, Lysholm-Score, SF-36. Therapieversager wurden aus der Statistik ausgeschlossen. Als Therapieversagen wurde die Notwendigkeit einer erneuten operativen Behandlung des Knorpeldefekts definiert.Lost to follow-up trat bei 2 von 80 Patienten auf.
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Ergebnisse
Wie in den 2- und 5-Jahres-Ergebnissen der Studie, zeigten auch in der Langzeituntersuchung alle erhobenen Scores (Therapieversager ausgeschlossen) deutlich bessere Ergebnisse und weniger Schmerzen im Vergleich zu präoperativ. Dabei zeigte sich klinisch kein signifikanter Unterschied zwischen MF und ACT. Ebenfalls ohne statistische Signifikanz, jedoch tendenziell vermehrt traten Therapieversagen in der ACT-Gruppe auf (n = 17) als nach MF (n = 13). Die Versagensrate nach 2 Jahren betrug zuvor für beide Verfahren ca. 23 %.
Sechs Patienten der ACT- und 3 der MF-Gruppe benötigten im nachuntersuchten Zeitraum eine Knieendoprothese, je 4 Patienten eine hohe tibiale Umstellungsosteotomie.
Die radiologische Auswertung von 60 der 80 Patienten zeigte nach 15 Jahren trotz ACT bei 57 % und MF bei 48 % der Patienten Zeichen der Arthrose (Kellgren und Lawrence Stadium ≥ 2). Eine statistische Signifikanz zwischen den Gruppen erreichte der Unterschied in der Arthrosehäufigkeit nicht.
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Diskussion
Wie auch andere Studien bestätigen, ergeben sich in allen Nachuntersuchungen bei den Nicht-Therapieversagern unabhängig von der gewählten Therapieart postoperativ klinisch bessere Ergebnisse als vor der Behandlung. Laut den Autoren ist dies die erste Langzeitstudie zum Vergleich der beiden Therapiealternativen mit hohem Evidenzlevel und sie zeige im Gesamtkollektiv hohe Quoten des Erkrankungsprogresses. 30 von 80 Patienten benötigten innerhalb von 15 Jahren eine Folgeoperation, 42,5 % trotz ACT und 32,5 % trotz Mikrofrakturierung.
Von den Patienten, die langfristig von der OP profitierten, wiesen nahezu 50 % radiologische Zeichen des Knorpelverschleißes auf. Einen langfristigen Nutzen der untersuchten Verfahren zur Arthroseprophylaxe stellen die Autoren sogar infrage.
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Kommentar
Die Autoren greifen eine aktuelle Diskussion um die Wertigkeit verschiedener Knorpeltherapieverfahren auf und stellen valide Langzeitergebnisse auf. Sie zeigen hohe Raten von Folgeoperationen sowohl nach Mikrofrakturierung als auch nach autologer Chondrozytentransplantation auf. Dabei werden stattgehabte Re-Arthroskopien (teils mit Shaving) n = 10 nach ACT und n = 4 nach MF nicht einmal in diese Quoten eingerechnet, da nicht als Therapieversagen eingestuft.
Signifikante Unterschiede im Therapieerfolg der beiden operativen Vorgehen finden sich jedoch weiterhin nicht.
Bezüglich der fortschreitenden Arthrose bei Knorpeldefekt lassen sich aufgrund fehlender Kontrollgruppen nur unzureichend Schlüsse ziehen. Eine Kontrollgruppe trotz chronischer Schmerzen ausschließlich konservativ zu behandeln ist ethisch nicht vertretbar.
Zu bedenken ist außerdem der Einfluss der Erfahrung des Operateurs auf das Therapieergebnis. Die 4 teilnehmenden Kliniken wiesen dabei deutlich unterschiedliche Raten des Therapieversagen mit einer Spannbreite von 30 – 45 % im Gesamtkollektiv und sogar 30 %- 60 % für die ACT auf.
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