Z Orthop Unfall 2016; 154(03): 230
DOI: 10.1055/s-0036-1584852
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Koxarthrose und Hüftendoprothetik – Das femoroazetabuläre Impingement als Ursache der Koxarthrose

Contributor(s):
Jens Gronewold
Oner A, Koksal A, Sofu H et al.
The prevalence of femoroacetabular impingement as an aetiologic factor for end-stage degenerative osteoarthritis of the hip joint: analysis of 1,000 cases.

Hip Int 2016;
26: 164-168
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Publication History

Publication Date:
28 June 2016 (online)

 

Das femoroazetabuläre Impingement (FAI) ist ein aktuelles Thema in der Diskussion über Ursachen von Hüftschmerzen und eine sich entwickelnde Koxarthrose. Vor diesem Hintergrund soll die vorliegende Studie anhand eines großen Kollektivs von 1004 Patienten die Prävalenz des FAI bei Patienten ermitteln, bei denen eine fortgeschrittene Koxarthrose zur Implantation einer Hüfttotalendoprothese (Hüft-TEP) führte.
Oner A, Koksal A, Sofu H et al. The prevalence of femoroacetabular impingement as an aetiologic factor for end-stage degenerative osteoarthritis of the hip joint: analysis of 1,000 cases. Hip Int 2016; 26:164–168

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(Bild: istockphoto)

Oner et al. konnten anhand Ihrer Daten aus dem Baltalimani Bone and Joint Diseases Education and Research Hospital (Istanbul, Türkei) eine Prävalenz des femoroazetabulären Impingements (FAI) von 9,9 % bei Patienten nachweisen, bei denen eine fortgeschrittene Koxarthrose zur Implantation einer Hüft-TEP führte. Diese Patienten waren zum Operationszeitpunkt im Durchschnitt 8,5 Jahre jünger als Patienten mit einer primären Koxarthrose.

Methodik

Die retrospektive Studie beinhaltet 1004 Patienten (690 Frauen und 314 Männer), bei denen im genannten Krankenhaus der Maximalversorgung in Istanbul zwischen 2005 und 2010 eine Hüft-TEP implantiert wurde. Drei der genannten Autoren werteten die zur Verfügung stehenden präoperativen konventionellen Röntgenbilder (a. p. und seitlich) anhand der bekannten Kellgren und Lawrence-Klassifikation unabhängig voneinander aus und wiesen jedem Patienten anhand definierter radiologischer Kriterien einen prädisponierenden ätiologischen Faktur für die bestehende Koxarthrose zu. Nach 3 Wochen befundeten die Autoren die Röntgenbilder ein zweites Mal. Eine ungeeignete oder unvollständige präoperative Bildgebung führte zum Ausschluss aus der Studie.


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Ergebnisse

In Tab. [ 1 ] ist die durchschnittliche prozentuale Verteilung der prädisponierenden Faktoren für die bestehende Koxarthrose aufgeführt. Die mit Abstand häufigste Diagnose war in etwa 51 % der Fälle die Hüftdysplasie. In durchschnittlich 12,5 % der Fälle wurde ein FAI als prädisponierender Faktor identifiziert. Eine Aufteilung der Patienten in die bekannten Unterformen des FAI ergab in 8,8 % ein CAM-Impingement und in 3,7 % ein Pincer-Impingement. Der Anteil der Patienten, bei denen alle 3 Autoren ein FAI diagnostizierten, betrug 9,9 %. Insgesamt zeigte sich bei den gestellten Diagnosen eine sehr hohe Übereinstimmung zwischen den 3 Autoren. Patienten mit einem nachgewiesenen FAI waren zum Operationszeitpunkt 59,3 +/- 13,7, Patienten mit einer primären Koxarthrose 67,8 +/- 9,8 Jahre alt.

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Tab. 1 Prädisponierende Faktoren der Koxarthrose.
Kommentar

Auch wenn die Pathogenese der Koxarthrose weiterhin nicht bis ins letzte Detail verstanden ist, besteht Einigkeit darüber, dass anatomische Anomalien als wesentlicher Risikofaktor angesehen werden müssen. Vor dem Hintergrund der Identifikation des FAI als Risikofaktor für Hüftschmerz und die Entwicklung einer Koxarthrose ist diese Studie daher auch aufgrund der hohen Fallzahl bedeutsam.

Die Autoren konnten in ihrem untersuchten Kollektiv bei einem bedeutsamen Anteil der Patienten ein FAI als wesentlichen prädisponierenden Faktor für die Entwicklung einer zur Hüft-TEP-Implantation führenden Koxarthrose ausmachen. Diese Patienten waren im Durchschnitt 8,5 Jahre jünger als Patienten mit einer primären Koxarthrose. Dies unterstreicht die klinische Bedeutung dieses femoroazetabulären Konflikts.

Auch wenn der Zusammenhang zwischen einem FAI und einer sich daraus entwickelnden Koxarthrose nachgewiesen ist, entwickeln jedoch nicht alle Patienten mit einem unbehandelten FAI frühzeitig eine fortgeschrittene Koxarthrose. Abgesehen von der Tatsache, dass ein CAM-Impingement im Vergleich zum Pincer hierzu eher prädisponiert, besteht somit weiterhin Unklarheit, welche Patienten hierfür besonders gefährdet sind.

Einschränkungen der Ergebnisse der Studie ergeben sich aus dem Patientenklientel in der Türkei, wo die unerkannte bzw. unbehandelte Hüftdysplasie zum Beispiel im Vergleich zu Deutschland relativ häufig ist. Die Ergebnisse können somit nicht unkritisch auf die Situation in Deutschland übertragen werden.


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(Bild: istockphoto)
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Tab. 1 Prädisponierende Faktoren der Koxarthrose.