Pneumologie 2015; 69(09): 553-559
DOI: 10.1055/s-0034-1392437
Fallbericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Diffuse pulmonale Meningotheliomatose[*]

2 Kasuistiken mit Diagnosestellung in der VATS Biopsie und in transbronchialer BiopsieDiffuse Pulmonary Meningotheliomatosis2 Cases Diagnosed by Surgical and Transbronchial Biopsy
A. T. Morresi-Hauf
1   Institut für Pathologie, Asklepios-Fachkliniken München-Gauting (Leiterin: Dr. A. Morresi-Hauf)
,
S. Reu
2   Institut für Pathologie der Ludwig-Maximilian-Universität München (Leiter: Prof. Dr. Th. Kirchner)
,
M. Heiß-Neumann
3   Klinik für Pneumologie (Chefarzt: Prof. Dr. J. Behr), Asklepios-Fachkliniken München-Gauting, Comprehensive Pneumology Center München (CPC), Mitglied im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL)
,
W. Gesierich
3   Klinik für Pneumologie (Chefarzt: Prof. Dr. J. Behr), Asklepios-Fachkliniken München-Gauting, Comprehensive Pneumology Center München (CPC), Mitglied im Deutschen Zentrum für Lungenforschung (DZL)
,
T. Richter
4   Institut für Pathologie und Zytologie Rosenheim
,
P. K. Wagner
5   ehem. Klinik für Allgemein-, Gefäß- und Thoraxchirurgie, RoMed Klinikum Rosenheim
› Author Affiliations
Further Information

Korrespondenzadresse

Dr. Alicia Teresa Morresi-Hauf
Institut für Pathologie.
Asklepios Fachkliniken München-Gauting
Robert-Koch-Allee 2
82131 Gauting

Publication History

eingereicht 07 April 2015

akzeptiert 01 June 2015

Publication Date:
23 July 2015 (online)

 

Zusammenfassung

Bei zwei Patientinnen mit kleinknotigen Lungenparenchymveränderungen beidseits wurde eine diffuse pulmonale Meningotheliomatose diagnostiziert. Bei einer 73-jährigen Patientin fanden sich disseminierte, miliare Lungenveränderungen beidseits als radiologischer Zufallsbefund. Im chirurgisch gewonnenen Lungenbiopsat wurden multiple kleinherdige Proliferationen meningotheloider Zellen nachgewiesen, entsprechend winzigen meningothelähnlichen Knötchen („minute pulmonary meningothelial-like nodules“, MPMN). Eine 60-jährige Patientin mit einem ähnlichen radiologischen Befund zeigte in der transbronchialen Kryobiopsie histologisch ebenfalls Proliferationen meningotheloider Zellen. Diese Läsionen sind seit Jahren als kurioser umschriebener Zufallsbefund bei der histologischen Untersuchung von Lungenbiopsaten oder -resektaten bekannt. Die hier beschriebene diffuse Form dieser Veränderungen ist sehr selten; ihre Kenntnis ist wichtig wegen der differenzialdiagnostischen Abgrenzung gegen neoplastische Proliferationen und anderen diffusen Lungenparenchymerkrankungen. Diese seltene Diagnose wird histologisch gestellt und ist bei Kenntnis der Entität, sorgfältiger Korrelation mit den klinischen und radiologischen Daten und adäquatem Untersuchungsmaterial auch in der transbronchialen Biopsie möglich.


#

Abstract

In two patients with bilateral micronodular pulmonary changes a diffuse pulmonary meningotheliomatosis was found. A 73-year-old woman presented with bilateral disseminated miliary pulmonary nodules as a radiological incidental finding. The surgical lung biopsy showed multiple tiny nodular proliferations meningothelial-like cells, corresponding “minute pulmonary meningothelial-like nodules”, MPMN. A 60-year-old lady with similar radiological findings showed also proliferations of meningothelial-like cells in a transbronchial cryo-biopsy. These lesions are well known to pathologists as curious isolated incidental findings on histological examination of lung specimens. The here described diffuse form of these changes is very rare; its knowledge is important for the differential diagnosis with neoplastic proliferations and other diffuse parenchymal diseases of the lung. This rare diagnosis is made on histological grounds and is also possible in transbronchial biopsies when careful correlation with clinical and radiological data, knowledge of the entity and adequate specimens are provided.


#

Einleitung

Die pulmonalen meningothelialen Herde bzw. meningotheloiden Herde (minute pulmonary meningothelial-like nodules: MPMN der engl. Literatur) stellen in der Regel einen Zufallsbefund bei der pathologisch-anatomischen Untersuchung von Lungenbiopsaten und -resektaten dar. Disseminierte meningotheloide Herde in beiden Lungen mit radiologischen Veränderungen und respiratorischen Symptomen, entsprechend einer diffusen pulmonalen Meningotheliomatose – DPM –, sind extrem selten. Hier werden 2 Patientinnen mit DPM vorgestellt, bei denen die histologische Diagnose anhand einer chirurgischen und einer transbronchialen Biopsie gestellt wurde.


#

Kasuistik

Patientin 1: Das Lungenbiopsat einer 73-jährigen Frau wurde zur konsiliarischen Untersuchung zugesandt. Die Patientin war Nichtraucherin und hatte keine pulmonalen Beschwerden. Bei der präoperativen Diagnostik einer Knotenstruma war radiologisch eine retrosternale Verschattung aufgefallen. Im CT-Thorax wurde keine mediastinale Raumforderung nachgewiesen, jedoch fanden sich multiple diffus verteilte miliare Herde in beiden Lungen, peripher etwas akzentuiert ([Abb. 1]). Eine metastatische Tumoraussaat wurde differenzialdiagnostisch erörtert. Eine maligne Neoplasie war aber weder anamnestisch bekannt noch bei der Durchuntersuchung nachweisbar. Die Laborwerte waren im Normbereich und die Lungenfunktion uneingeschränkt ([Tab. 1]).

Zoom Image
Abb. 1 Patientin 1. CT-Thorax: multiple miliare Herde beiderseits, insbesondere an der Lungenperipherie.
Tab. 1

Klinische Übersicht.

Patientin

Klinik

Nikotin

CT Befund

Begleiterkrankungen

1

keine pulmonale Symptomatik
Lungenfunktion normal

nie

diffus verteilte pulmonale Rundherde bds., peripher akzentuiert

Struma nodosa

2

subjektive Leistungseinschränkung
diskrete periphere Flusslimitierung

30 pys, Karenz seit 10 Jahren

idem

Diabetes mellitus 2
Art. HTN, HLP
Refluxösophagitis, Prurigo nodularis

Zur Abklärung der pulmonalen Befunde wurde eine Biopsie von Segment 6 rechts in VATS-Technik durchgeführt. Makroskopisch fand sich ein 5,5 × 3 × 2 großes Lungenkeilexzidat mit multiplen bis 0,3 cm großen, makroskopisch gut abgegrenzten, weißlichgrauen Herden von fester Konsistenz. Histologisch zeigten sich z. T. unregelmäßig konturierte Proliferate ([Abb. 2]) aus in nestförmigen Gruppen liegenden epitheloiden plumpen Spindelzellen ([Abb. 3]) in der Umgebung der kleinen Venen ([Abb. 4]) und z. T. auch im Interstitium. Immunhistochemisch waren die Spindelzellen positiv für EMA ([Abb. 5]), Vimentin, CD56 ([Abb. 6]) und Progesteronrezeptor ([Abb. 7]), aber negativ für Synaptophysin, Chromogranin, Protein S100, HMB45 und den Panzytokeratinmarker AE1/AE3.

Zoom Image
Abb. 2 Patientin 1. Mikr.: herdförmige Proliferate epitheloider Zellen im Lungeninterstitium (H-E-Färbung)
Zoom Image
Abb. 3 Patientin 1. Mikr.: Nester meningotheloider Zellen (Elastika-van Gieson-Färbung)
Zoom Image
Abb. 4 Patientin 1. Mikr.: Bezug der Zellproliferate zu der kleinen Blutgefäßen (HE-Färbung).
Zoom Image
Abb. 5 Patientin 1. Immunhistochemie: positive Reaktion mit dem Antikörper gegen EMA.
Zoom Image
Abb. 6 Patientin 1. Immunhistochemie: positive Reaktion mit dem Antikörper gegen CD56.
Zoom Image
Abb. 7 Patientin 1. Immunhistochemie: Progesteronrezeptorreaktivität der Zellproliferate.

Patientin 2: Die 60-jährige Patientin wurde zur Abklärung von disseminierten Lungenrundherden bds. zugewiesen. Die CT-Aufnahmen zeigten feinnoduläre, wolkige Parenchymverdichtungen bds. mit deutlicher Betonung an der Peripherie ([Abb. 8]).

Zoom Image
Abb. 8 Patientin 2. CT-Thorax: feinnoduläre, wolkige Lungenparenchymverdichtungen bds. mit deutlicher Betonung an der Peripherie.

Die Patientin hatte eine Raucheranamnese von etwa 30 pack-years mit Karenz seit 10 Jahren. Sie gab eine etwas verminderte Belastbarkeit bei größeren körperlichen Anstrengungen und nur gelegentlich Husten ohne relevanten Auswurf an. Lungenfunktionell fand sich eine diskrete periphere Flusslimitierung (TLC 88 % Soll, VC max 100 % Soll, relative Einsekundenkapazität 77 %, FEV1 96 % Soll MEF 50 53 % Soll, MEF 25 61 % Soll). Weder die Diffusionskapazität (Transferkoeffizient 87 % Soll) noch die Spiroergometrie zeigten relevante Einschränkung. Internistisches Routinelabor sowie Rheumaserologie (ANA, ANCA, RF), lösl. IL2-Rezeptor, ACE und Serumelektrophorese waren unauffällig. Weder anamnestisch noch in der durchgeführten Tumorsuche ergaben sich Hinweise auf einen malignen Tumor, insbesondere im Schädel-CT keine Hinweise auf ein Meningeom. In der Anamnese fanden sich seit Jahren bestehende, vom behandelnden Dermatologen als Prurigo nodularis beschriebene, multiple noduläre Hautveränderungen, insbesondere an beiden Unterschenkeln sowie am Schultergürtel (s. [Tab. 1]).

Bronchoskopisch fanden sich diskrete Zeichen einer chronischen Bronchitis mit peripherer Atemwegsinstabilität; aus den basalen Unterlappensegmenten rechts wurden Kryobiopsien des Lungenparenchyms entnommen.

Die BAL zeigte eine unauffällige Zelldifferenzierung bei normaler Zellzahl. Die mikrobiologische Untersuchung der Bronchiallavage ergab keinen pathologischen Befund.

In 3 der 6 bis 8 mm durchmessenden Lungengewebspartikel zeigten sich mikroskopisch herdförmige hauptsächlich interstitielle Proliferate plumper Spindelzellen ohne Kernatypien ([Abb. 9] und [Abb. 10]), die immunhistochemisch positiv für EMA, Vimentin, CD56 ([Abb. 11]) und Progesteronrezeptor ([Abb. 12]) und negativ für Synaptophysin und den Panzytokeratinmarker AE1/AE3 waren.

Zoom Image
Abb. 9 Patientin 2. Mikr.: hauptsächlich interstitielle Proliferate plumper Spindelzellen ohne Kernatypien (H-E-Färbung).
Zoom Image
Abb. 10 Patientin 2. Mikr.: der interstitielle Charakter der Zellproliferation wird in der Versilberung besonders eindeutig (Grocott-Färbung).
Zoom Image
Abb. 11 Patientin 2. Immunhistochemie: positive Reaktion mit dem Antikörper gegen CD56.
Zoom Image
Abb. 12 Patientin 2. Immunhistochemie: Progesteronrezeptorreaktivität der Zellproliferate.

In einem 3-Monats-Follow up zeigte sich bei der Patientin klinisch ein stabiler Befund.

Bei beiden Patientinnen wurde die Diagnose einer diffusen pulmonalen Menigotheliomatose (DPM) gestellt.


#

Diskussion

MPMN und DPM: Definition, Klinik und Pathologie

MPMN stellen einen seit Jahrzehnten bekannten histologischen Befund dar.

Es handelt sich um nestförmige Proliferationen von epitheloiden rund-ovalen oder plumpen Spindelzellen ohne Atypien im Interstitium, vor allem in der Umgebung von kleinen Venen.

Sie werden als kurioser Zufallsbefund bei der mikroskopischen Untersuchung von Biopsaten oder Resektaten oder auch bei Obduktionen beobachtet.

Ursprünglich wurden sie als winzige Chemorezeptoren gedeutet und als „minute pulmonary chemodectoma“ bezeichnet. Auf Grund immunhistochemischer und elektronenmikroskopischer Daten wurde aber ihre meningotheliale Natur nachgewiesen [1] [2] [3].

Zellen mit den Charakteristika der Arachnoidaldeckzellen der Leptomeninx sind wahrscheinlich ein normaler Bestandteil der Lunge, wo sie bei der Resorption von Flüssigkeit aus dem Interstitium in die Lungenvenen eine Rolle spielen könnten. Die Expression von Progesteron-Rezeptoren könnte eine Rolle für das Wachstum dieser Zellen des pulmonalen Interstitiums in Situationen mit gestörter Perfusion spielen [2].

Die Inzidenz der MPMN im Obduktionsgut ist mit 0,07 bis 4,9 % berichtet worden [4]. In einer Studie fanden sich bei der histologischen Untersuchung von 1724 Lungenresektaten MPMN in 7 % der Patienten [5]. Eine kürzlich erschienene Studie zeigte aber bei ausgedehnter und gezielter Untersuchung eine Inzidenz von 13,8 % in chirurgischen Lungenbiopsien und von 48 % in Lobektomiepräparaten, mit einer Prädominanz des weiblichen Geschlechtes von 2,3:1 (Biopsien) bzw. von 2:1 (Lobektomiepräparate) [4].

In dieser Studie fand sich die höchste Inzidenz von MPMN in der 7. Lebensdekade. Die meisten Patienten waren älter als 40 Jahre; bei jüngeren Patienten sind meningotheliale Herde selten und in pädiatrischen Obduktionen praktisch unbekannt [4].

Die Herde sind in der Regel 1 – 2 mm im Durchmesser groß; sie können bis 3 – 4 mm groß sein oder auch aus wenigen nur mikroskopisch nachweisbaren „Zellballen“ bestehen. Sie befinden sich ubiquitär im Lungeninterstitium, häufig mit Bezug zu kleinen Venen.

MPMN kommen vorwiegend als asymptomatische solitäre kleine Herde vor, sie können aber auch multiple auftreten. In einer Studie fanden sich keine signifikanten klinischen Unterschiede zwischen Patienten mit solitären und mit multiplen MPMN; in der letzten Gruppe aber waren die Herde insgesamt größer [5].

Obwohl die Histogenese dieser Läsionen geklärt ist, bleibt ihre Natur und klinische Bedeutung unklar. Das Fehlen von MPMN im pädiatrischen Alter spricht gegen embryologische Zellreste als Ausgangspunkt für MPMN [4]. Auf Grund immunhistochemischer und klonaler Analysen wird eher eine reaktive und weniger eine neoplastische Natur dieser Läsionen favorisiert [1].

Es fand sich eine statistisch signifikant höhere Inzidenz dieser Veränderungen in Präparaten von Patienten mit Thrombembolien bzw. Infarkten sowie mit respiratorischer Bronchiolitis, assoziiert mit interstitieller Lungenerkrankung (RB-ILD: „respiratory bronchiolitis associated interstitial lung disease“) oder desquamativer interstitieller Pneumonie (DIP), sodass ein pathogenetischer Zusammenhang mit chronischen Lungenerkrankungen als Stimulus für die Entwicklung dieser Herde diskutiert wurde. Dies könnte auch erklären, warum die Inzidenz von MNPN in Lungenresektaten höher ist als im Obduktionsgut [4]. Die höhere Prävalenz von MPMN bei Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen könnte ferner einen Hinweis auf eine durch lokale Hypoxie induzierte, reaktive Proliferation darstellen [2]. MPMN sind auch häufiger in Lungenresektaten von malignen Tumoren, insbesondere Adenokarzinomen, zu finden als in Resektaten von benignen Erkrankungen. Des Weiteren fand sich eine statistisch signifikante Assoziation von MPMN mit der atypischen adenomatösen Hyperplasie, d. h., mit Veränderungen, die als prä-neoplastisch angesehen werden [5].

Ähnlich wie die intrakraniellen Meningeome zeigen die meningothelialen Herde immunhistochemisch eine Expression von EMA, Vimentin und CD56 und Progesteronrezeptorreaktivität. Ein Ursprung der seltenen primären Meningeome der Lunge aus MPMN ist unwahrscheinlich [6]. Genetische Analysen ergaben LOH (loss of heterocygosity – Verlust der Heterozygotie) in unterschiedlichen Chromosomen in den MPMN und in den Meningeomen, sodass beide Läsionen verschiedene Prozesse darstellen dürften [7].

Diffuse pulmonale Meningotheliomatose

In seltenen Fällen können MPMN bilateral, disseminiert und ausgesprochen zahlreich auftreten und mit diffusen radiologischen Veränderungen und klinischen Beschwerden (Dyspnoe, restriktive Ventilationsstörung) assoziiert sein. Man spricht dann von diffuser pulmonaler Meningotheliomatose (DPM).

Diese diffuse Form ist extrem selten und stellt eine weitere, wenn auch seltene Differenzialdiagnose der diffusen interstitiellen Lungenerkrankungen dar [6]. Suster und Moran [6] berichteten im Jahre 2007 über fünf Fälle; auch in einer Serie von 81 Patienten mit MPMN fand sich ein Fall mit bilateralen pulmonalen Infiltraten [4].

Radiologisch finden sich vor allem in der Lungenperipherie retikulonoduläre Veränderungen oder Milchglastrübungen [6] [8] [9] sowie selten kavitäre kleine Herde [8].

In den Fällen mit multiplen Läsionen ist eine größere genetische Instabilität beobachtet worden mit häufigerem LOH als bei solitären Herden, evtl. als ein Hinweis auf einen Übergang von einer reaktiven in eine neoplastische Proliferation [7].

In den weichen Hirnhäuten und in der Hirnrinde sind Proliferationen von meningothelialen Zellen und Kapillaren beobachtet und als Meningoangiomatose berichtet worden. Diese wird als eine hamartomatöse Läsion interpretiert, evtl. assoziiert mit einer Neurofibromatose Typ II. Die Meningotheliomatose der Lunge könnte ein ähnliches Phänomen darstellen [6].

Im Gegensatz zu den Fällen von Suster und Moran [6] bot unsere erste Patientin keine pulmonalen Beschwerden; ihre Lungenfunktion war normal. Die pulmonale Symptomatik und die diskreten Lungenfunktionseinschränkungen der zweiten Patientin dürften eher im Zusammenhang mit dem früheren Nikotinabusus als mit den hier beschriebenen Veränderungen des Lungenparenchyms stehen.

Die Diagnose der DPM wird histologisch gestellt, in der Regel anhand von operativ gewonnenem Untersuchungsmaterial. In der Literatur findet sich lediglich ein Bericht über eine mittels transbronchialer Biopsie diagnostizierte DPM [11]. Unsere zweite Patientin stellt somit den zweiten Fall der histologischen Diagnose dieser Entität in einer transbronchialen Biopsie dar, wobei Menge und Qualität des kryobioptisch gewonnenen Gewebes eine wichtige Rolle in der Steigerung der diagnostischen Effizienz spielte. Da gelegentlich isolierte MPMN zufällig in einer transbronchialen Biopsie erfasst werden können, bedarf die Diagnose einer DPM in solchem Untersuchungsmaterial allerdings neben der Kenntnis der Entität auch der Korrelation mit dem radiologischen Befund.


#
#

Differenzialdiagnose

In der Differenzialdiagnose der DPM (s. [Tab. 2]) sind metastatische Tumoren zu berücksichtigen, insbesondere Metastasen von Karzinomen mit Lymphangiosis carcinomatosa; diese sind aber immunhistochemisch positiv für Zytokeratine und zeigen Atypien sowie Gruppen von Tumorzellen in den Lymphgefäßen.

Tab. 2

Übersicht der Differenzialdiagnosen mit Berücksichtigung der immunhistochemischen Befunde.

MPMN/DPM

Lymphangiosis carcinomatosa

Meningeom-Metastasen

Neuroendokrine Tumorlets

PLAM

Klinik

häufig asymptomatisch

i. d. R. maligne Neoplasie bekannt

i. d. R. Grad II – III Meningeom bekannt

asymptomatisch

junge Frauen mit zystischen Veränderungen des Lungenparenchyms

Histologie

blande Zytologie
häufig räumlicher Zusammenhang mit den kleinen Lungenvenen

Tumorzellen (Atypien) häufig unter dem Bild der Lymphangiosis (in den Lumina der Lymphgefäße)

Tumorzellen (Atypien) häufig unter dem Bild der Lymphangiosis (in den Lumina der Lymphgefäße)

blande Zytologie
in der Regel räumlicher Zusammenhang mit Bronchiolen

blande Zytologie
häufig räumlicher Zusammenhang mit Lymphgefäßen bzw. pseudozystischen Spalträumen

Immunhistochemie:

EMA

+

+

+

(+)

CD56

+

(–)[1]

+

+

Vimentin

+

+

+

Progesteronrez.

+

(–)[2]

+

+

Synaptophysin

(–)[1]

+

Chromogranin

(–)[1]

+

HMB45

+

Aktin

+

Keratine (z. B.: AE1/AE3)

+

+

1 positiv bei neuroendokrinen Tumoren (Karzinoiden, großzelligen neuroendokrinen Karzinomen, kleinzelligen Karzinomen)


2 häufig positiv bei Mammakarzinomen bzw. Adenokarzinomen der gynäkologischen Organe


Ferner kommt eine pulmonale Aussaat eines Meningeoms des ZNS in Betracht. Bei metastasierenden Meningeomen handelt es sich in der Regel um Grad-II – III-Tumoren mit entsprechenden histologischen Zeichen der Malignität; die Läsionen sind multiple und zeigen häufig eine Einbeziehung der bronchovaskulären Bündel in Form einer Lymphangiosis. Dagegen zeigen MPMN einen räumlichen Zusammenhang mit den kleinen Lungenvenen und keine Atypien [10].

Absiedlungen von Meningeomen Grad I („benignen Meningiomen“) sind extrem selten. Die Abgrenzung einer DPM gegen Metastasen eines solchen „benignen“ u. U. länger zurückliegenden intrakraniellen Meningeoms Grad I kann allerdings eine echte diagnostische Herausforderung darstellen [10] [12].

Ferner sind die MPMN und die DPM von neuroendokrinen Tumorlets (Mikrokarzinoiden) abzugrenzen, die letzteren sind aber immunhistochemisch positiv für Chromogranin- und Synaptophysin.

Die MPMN/DPM können mikroskopisch eine pulmonale Lymphangioleiomyomatose (PLAM) vortäuschen, da beide Läsionen eine Proliferation plumper Spindelzellen in der Umgebung von Gefäßen mit Progesteronrezeptorreaktivität in der Immunhistochemie aufweisen. Ferner können einzelne Fälle von DPM kleinzystische Veränderungen in der CT zeigen [8] [11] und somit auch radiologisch Ähnlichkeiten zu einer PLAM aufweisen. Bei der PLAM sind aber die Spindelzellen immunhistochemisch positiv für Aktin und HMB45.


#

Therapie

Für die DPM gibt es keine Therapie. Der Nachweis eines oder einzelner MPMN als histologischer Zufallsbefund bedarf keiner Therapie.

Fazit

Isolierte MPMN sind ein relativ häufiger histologischer Zufallsbefund in Lungenbiopsaten und -resektaten ohne klinische Bedeutung. Die DPM hingegen ist selten und stellt eine disseminierte Form solcher Proliferationen mit radiologisch diffusen Veränderungen dar.

Die Kenntnis der MPMN/DPM ist wichtig wegen ihrer differenzialdiagnostischen Abgrenzung gegen neoplastische Proliferationen.

Die DPM stellt eine weitere, wenn auch seltene Differenzialdiagnose der diffusen Lungenerkrankungen dar, wobei die klinisch-röntgenologischen Befunde zunächst an ein metastatisches Geschehen denken lassen.

Die definitive Diagnose erfolgt histologisch und kann unter Berücksichtigung der Ergebnisse der bildgebenden Verfahren auch in der transbronchialen Biopsie gestellt werden.


#
#
#

Interessenkonflikt

A. T. Morresi-Hauf, S. Reu, M. Heiß-Neumann, W. Gesierich, T. Richter und P. K. Wagner geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

* Einer der vorliegenden Fälle (Patientin 1) wurde als Postermitteilung auf dem 53. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie in Nürnberg, 29. März – 01. April 2012, vorgestellt.


  • Literatur

  • 1 Niho S, Yokose T, Nishiwaki Y et al. Immunohistochemical and clonal analysis of minute pulmonary meningothelial-like nodules. Hum Pathol 1999; 30: 425-429
  • 2 Pelosi G, Maffini F, Decarli N et al. Progesterone receptor immunoreactivity in minute meningothelioid nodules of the lung. Virchows Arch 2002; 440: 543-546
  • 3 Torikata C, Mukai M. So-called minute chemodectoma of the lung. An electron microscopic and immunohistochemical study. Virchows Arch A Pathol Anat Histopathol 1990; 417: 113-118
  • 4 Mukhopadhyay S, El-Zammar OA, Katzenstein AL. Pulmonary meningothelial-like nodules: new insights into a common but poorly understood entity. Am J Surg Pathol 2009; 33: 487-495
  • 5 Mizutani E, Tsuta K, Maeshima AM et al. Minute pulmonary meningothelial-like nodules: clinicopathologic analysis of 121 patients. Hum Pathol 2009; 40: 678-682
  • 6 Suster S, Moran CA. Diffuse pulmonary meningotheliomatosis. Am J Surg Pathol 2007; 31: 624-631
  • 7 Ionescu DN, Sasatomi E, Aldeeb D et al. Pulmonary meningothelial-like nodules: a genotypic comparison with meningiomas. Am J Surg Pathol 2004; 28: 207-214
  • 8 Kraushaar G, Ajlan AM, English JC et al. Minute pulmonarymeningothelial-like nodules: a case of incidentally detected diffuse cystic micronodules on thin-section computed tomography. J Comput Assist Tomogr 2010; 34: 780-782
  • 9 Fernández Sarabia MT, Cardenal Escarcena A, Furones Díez M et al. Diffuse pulmonary meningotheliomatosis: an uncommon cause of the micronodular pattern. Radiologia 2010; 52: 357-360
  • 10 Asioli S, Senetta R, Maldi E et al. “Benign” metastatic meningioma: clinico-pathological analysis of one case metastasising to the lung and overview on the concepts of either primitive or metastatic meningiomas of the lung. Virchows Arch 2007; 450: 591-594
  • 11 Bernabeu Mora R, Sánchez Nieto JM, Hu C et al. Diffuse Pulmonary Meningotheliomatosis Diagnosed by Transbronchial Lung Biopsy. Respiration 2013; 86: 145-148
  • 12 Stefani A, Rossi G, Pecchi A et al. An unusual case of cystic interstitial lung disease. Lancet 2013; 381: 1246

Korrespondenzadresse

Dr. Alicia Teresa Morresi-Hauf
Institut für Pathologie.
Asklepios Fachkliniken München-Gauting
Robert-Koch-Allee 2
82131 Gauting

  • Literatur

  • 1 Niho S, Yokose T, Nishiwaki Y et al. Immunohistochemical and clonal analysis of minute pulmonary meningothelial-like nodules. Hum Pathol 1999; 30: 425-429
  • 2 Pelosi G, Maffini F, Decarli N et al. Progesterone receptor immunoreactivity in minute meningothelioid nodules of the lung. Virchows Arch 2002; 440: 543-546
  • 3 Torikata C, Mukai M. So-called minute chemodectoma of the lung. An electron microscopic and immunohistochemical study. Virchows Arch A Pathol Anat Histopathol 1990; 417: 113-118
  • 4 Mukhopadhyay S, El-Zammar OA, Katzenstein AL. Pulmonary meningothelial-like nodules: new insights into a common but poorly understood entity. Am J Surg Pathol 2009; 33: 487-495
  • 5 Mizutani E, Tsuta K, Maeshima AM et al. Minute pulmonary meningothelial-like nodules: clinicopathologic analysis of 121 patients. Hum Pathol 2009; 40: 678-682
  • 6 Suster S, Moran CA. Diffuse pulmonary meningotheliomatosis. Am J Surg Pathol 2007; 31: 624-631
  • 7 Ionescu DN, Sasatomi E, Aldeeb D et al. Pulmonary meningothelial-like nodules: a genotypic comparison with meningiomas. Am J Surg Pathol 2004; 28: 207-214
  • 8 Kraushaar G, Ajlan AM, English JC et al. Minute pulmonarymeningothelial-like nodules: a case of incidentally detected diffuse cystic micronodules on thin-section computed tomography. J Comput Assist Tomogr 2010; 34: 780-782
  • 9 Fernández Sarabia MT, Cardenal Escarcena A, Furones Díez M et al. Diffuse pulmonary meningotheliomatosis: an uncommon cause of the micronodular pattern. Radiologia 2010; 52: 357-360
  • 10 Asioli S, Senetta R, Maldi E et al. “Benign” metastatic meningioma: clinico-pathological analysis of one case metastasising to the lung and overview on the concepts of either primitive or metastatic meningiomas of the lung. Virchows Arch 2007; 450: 591-594
  • 11 Bernabeu Mora R, Sánchez Nieto JM, Hu C et al. Diffuse Pulmonary Meningotheliomatosis Diagnosed by Transbronchial Lung Biopsy. Respiration 2013; 86: 145-148
  • 12 Stefani A, Rossi G, Pecchi A et al. An unusual case of cystic interstitial lung disease. Lancet 2013; 381: 1246

Zoom Image
Abb. 1 Patientin 1. CT-Thorax: multiple miliare Herde beiderseits, insbesondere an der Lungenperipherie.
Zoom Image
Abb. 2 Patientin 1. Mikr.: herdförmige Proliferate epitheloider Zellen im Lungeninterstitium (H-E-Färbung)
Zoom Image
Abb. 3 Patientin 1. Mikr.: Nester meningotheloider Zellen (Elastika-van Gieson-Färbung)
Zoom Image
Abb. 4 Patientin 1. Mikr.: Bezug der Zellproliferate zu der kleinen Blutgefäßen (HE-Färbung).
Zoom Image
Abb. 5 Patientin 1. Immunhistochemie: positive Reaktion mit dem Antikörper gegen EMA.
Zoom Image
Abb. 6 Patientin 1. Immunhistochemie: positive Reaktion mit dem Antikörper gegen CD56.
Zoom Image
Abb. 7 Patientin 1. Immunhistochemie: Progesteronrezeptorreaktivität der Zellproliferate.
Zoom Image
Abb. 8 Patientin 2. CT-Thorax: feinnoduläre, wolkige Lungenparenchymverdichtungen bds. mit deutlicher Betonung an der Peripherie.
Zoom Image
Abb. 9 Patientin 2. Mikr.: hauptsächlich interstitielle Proliferate plumper Spindelzellen ohne Kernatypien (H-E-Färbung).
Zoom Image
Abb. 10 Patientin 2. Mikr.: der interstitielle Charakter der Zellproliferation wird in der Versilberung besonders eindeutig (Grocott-Färbung).
Zoom Image
Abb. 11 Patientin 2. Immunhistochemie: positive Reaktion mit dem Antikörper gegen CD56.
Zoom Image
Abb. 12 Patientin 2. Immunhistochemie: Progesteronrezeptorreaktivität der Zellproliferate.