Rofo 2009; 181(6): 604-607
DOI: 10.1055/s-0029-1224826
DRG-Mitteilungen
Radiologie und Recht
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Anforderungen an eine Stellvertretervereinbarung bei Verhinderung des Wahlarztes

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Rechtsanwälte Wigge

Dr. Michael Ossege RA

Fachanwalt für Medizinrecht

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Publication Date:
02 June 2009 (online)

 
Table of Contents

Wesentliches Merkmal ärztlicher Tätigkeit ist die eigenverantwortliche und persönliche Erbringung der Leistungen gegenüber dem Patienten. Dieser Grundsatz gilt sowohl für Ärzte in der Niederlassung, als auch im Krankenhaus. Er ist aufgrund entsprechender Rechtsvorschriften unabhängig vom Versicherungsstatus des Patienten einzuhalten. Grundlage hierfür ist das besondere Vertrauen des Patienten in die besonderen Erfahrungen und in die herausgehobene medizinische Kompetenz des Arztes. Aus der persönlichen Leistungserbringung folgt aber nicht, dass der Arzt jede Leistung eigenhändig erbringen muss; vielmehr darf er im Fall seiner Verhinderung auch die Ausführung von Kernleistungen auf einen Stellvertreter übertragen. Persönliche Leistungserbringung liegt daher zumindest dann vor, wenn der Arzt leitend und eigenverantwortlich tätig wird.

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Rechtliche Vorgaben

Die persönliche Leistungserbringung wird von einer Vielzahl von Rechtsnormen erwähnt, ohne dass der Begriff jedoch weiter definiert wird. Zunächst hat der Arzt seine Leistungen gemäß § 613 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) im Zweifel in Person zu erbringen. Im ärztlichen Berufsrecht ist zu verweisen auf § 19 Abs. 1 (Muster-)Berufsordnung für die deutschen Ärztinnen und Ärzte (MBO) sowie im Vertragsarztrecht auf § 32 Abs. 1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) und auf § 15 Abs. 1 Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 14 Abs. 1 Bundesmantelvertrag – Ärzte/Ersatzkassen (EKV).

Die persönliche Leistungserbringung findet für den Bereich des Krankenhaus ihren Niederschlag in § 17 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen (KHEntgG); danach dürfen neben den Entgelten für voll- und teilstationäre Behandlungsmaßnahmen andere als die allgemeinen Krankenhausleistungen als Wahlleistungen gesondert berechnet werden, wenn die allgemeinen Krankenhausleistungen durch die Wahlleistungen nicht beeinträchtigt werden und die gesonderte Berechnung mit dem Krankenhaus vereinbart ist.

Weiter gilt die persönliche Leistungserbringung in den Fällen der ambulanten Behandlung durch den Krankenhausarzt, soweit dieser entweder zum Betrieb einer Privatambulanz berechtigt ist oder auf der Grundlage einer durch den Zulassungsausschuss erteilten Ermächtigung gesetzlich krankenversicherte Patienten behandelt.

Besonders hinzuweisen ist darauf, dass aus der persönlichen Leistungserbringung nicht gefolgert werden kann, dass der Arzt jede Leistungserbringung höchstpersönlich erbringen muss. Dies folgt bereits aus §§ 15 Abs. 1 Satz 2, 28 Abs. 1 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) und aus § 15 Abs. 1 Satz 5 BMV-Ä, wonach zur ärztlichen Behandlung auch die Hilfeleistungen anderer Personen gehören, die von dem Arzt angeordnet oder von ihm zu verantworten sind.

In dieselbe Richtung geht auch die systematisch gebührenrechtlich einzuordnende Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 1 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Danach kann der Arzt Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden. Allerdings darf er ärztliche und sonstige medizinische Verrichtungen an ärztliche oder auf nichtärztliche Mitarbeiter delegieren. Demzufolge muss der Arzt die seine Disziplin prägende Kernleistung persönlich und eigenhändig erbringen. Insbesondere muss beispielsweise der als Wahlarzt verpflichtete Chirurg die geschuldete Operation grundsätzlich selbst durchführen. [1]

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Rechtsprechung des BGH

An diese Grundsätze anknüpfend hatte der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Rechtsstreit über die Fragen zu entscheiden, welche Anforderungen an die Erbringung von wahlärztlichen Leistungen durch einen Vertreter im Fall der Verhinderung des Wahlarztes zu stellen sind und inwieweit der Patient insoweit aufzuklären ist. Mit dieser Frage hat sich der BGH in seinem Urteil vom 20.12.2007 (Az.: III ZR 144/07) eingehend beschäftigt. Bei diesem Verfahren handelt es sich um eine Rechtsmittelentscheidung gegen ein Urteil des Landgerichts Hamburg vom 20.04.2007 (Az.: 309 S 272/05).

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Zahlungsanspruch des (Wahl-)Arztes gegen den Patienten

Der Kläger war liquidationsberechtigter Chefarzt eines Krankenhauses. Die Beklagte war Privatpatientin und befand sich vom 02.08.2001 bis zum 28.08.2001 zwecks stationärer Behandlung in dem Krankenhaus. Sie schloss mit dem Krankenhaus eine schriftliche Wahlleistungsvereinbarung. Da der Kläger an dem Tag, an dem die Beklagte operiert werden sollte, urlaubsabwesend war, unterzeichnete sie am Vortag einen mit einzelnen handschriftlichen Einträgen versehenen Vordruck, der mit "Schriftliche Fixierung der Stellvertretervereinbarung vom 02.08." überschrieben ist. Dieser enthielt die Feststellung, die Beklagte sei über die Verhinderung des Klägers und den Grund hierfür unterrichtet worden. Weiterhin sei sie, da die Verschiebung der Operation medizinisch nicht vertretbar sei, darüber belehrt worden, dass sie die Möglichkeiten habe, sich ohne Wahlarztvereinbarung wie ein "normaler" Kassenpatient ohne Zuzahlung von dem jeweils diensthabenden Arzt behandeln oder sich von dem Vertreter des Klägers, einem namentlich bestimmten Oberarzt, zu den Bedingungen des Wahlarztvertrags unter Beibehaltung des Liquidationsrechts des Klägers operieren zu lassen. In dem Formular war die zweite Alternative angekreuzt. Die vom Kläger für die durch den Oberarzt ausgeführte Operation erstellte Rechnung beglich die Beklagte nur teilweise. Daraufhin klagte der Kläger gegen die Beklagte auf Zahlung des Restbetrages.

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Entscheidung der Instanzgerichte

Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen. Auch die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers war erfolglos. Das Landgericht war der Auffassung, dass die Stellvertretervereinbarung, die nicht individuell ausgehandelt worden und daher als Allgemeine Geschäftsbedingung zu betrachten sei, gemäß dem für den Streitfall noch maßgebenden § 10 Nr. 4 des Gesetzes über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) unwirksam sei, weil sie auch die Fälle einer vorhersehbaren Verhinderung des Chefarztes einschließe. Erfasse die Klausel jede Verhinderung und erfolgten die Betreuung sowie die Behandlung durch diejenigen Ärzte, die diese auch bei nicht vereinbarter Wahlleistung durchgeführt hätten, entfalle der Sinn der Wahlleistungsvereinbarung.

Der von dem Kläger gegen das Berufungsurteil des Landgerichts eingelegten Revision gab der BGH mit oben genanntem Urteil statt und entschied – entgegen der Auffassung der Vorinstanzen – dass die Stellvertretervereinbarung rechtsmäßig war. Dies hatte zur Folge, dass das Berufungsurteil aufgehoben worden ist.

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Anforderungen an eine Vertretervereinbarung

Nach der Rechtsprechung des BGH darf der Wahlarzt über die Delegation nachgeordneter Aufgaben hinaus im Fall seiner Verhinderung jedoch auch die Ausführung seiner Kernleistungen [2] auf einen Stellvertreter übertragen, sofern er mit dem Patienten eine entsprechende Vereinbarung wirksam getroffen hat. Die GOÄ schließt solche Vereinbarungen nicht aus. Vielmehr ergibt der Umkehrschluss aus § 2 Abs. 3 Satz 2 [3], § 4 Abs. 2 Satz 3 [4] und § 5 Abs. 5 [5] GOÄ, dass der Wahlarzt unter Berücksichtigung der darin bestimmten Beschränkungen des Gebührenanspruchs Honorar auch für Leistungen verlangen kann, deren Erbringung er nach Maßgabe des allgemeinen Vertragsrechts wirksam einem Vertreter übertragen hat. Der Verordnungsgeber wollte mit § 4 Abs. 2 Satz 3 GOÄ die Vertretungsmöglichkeiten nur für die darin bestimmten einzelnen Leistungen auf den ständigen ärztlichen Vertreter des Wahlarztes beschränken. In allen anderen Fällen sollte "eine weitergehende Vertretung durch jeden beliebigen Arzt in den Grenzen des Vertragrechts zulässig" sein. [6] Den liquidationsberechtigten Ärzten sollten diese Vertretungsmöglichkeiten erhalten bleiben. In den Fällen, in denen der Wahlarzt hiervon Gebrauch macht, kommt allerdings nach § 5 Abs. 5 GOÄ nicht der volle Gebührenrahmen zur Anwendung.

Nach Auffassung des BGH enthält die zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossene Wahlleitungsvereinbarung keine wirksame Vertreterregelung. Zwar ist in dem Vordruck vorgesehen, dass "im Verhinderungsfall ... die Aufgaben des liquidationsberechtigten Arztes seine Stellvertretung" übernimmt. Diese Klausel ist jedoch nach dem auf den Streitfall noch anwendbaren § 10 Nr. 4 AGBG (jetzt: § 308 Nr. 4 BGB) unwirksam. Danach ist eine formularmäßige Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, nur wirksam, wenn diese Änderung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für seinen Vertragspartner zumutbar ist. Dies ist bei einer Klausel, wie der vorliegenden, schon deshalb nicht gewährleistet, weil sie nach der maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung auch die Konstellationen erfasst, in denen die Verhinderung des Wahlarztes bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung feststeht. In diesen Fallgestaltungen kann die Wahlleistungsvereinbarung von Anbeginn ihren Sinn nicht erfüllen. Die von dem Patienten mit dem Abschluss einer solchen Vereinbarung bezweckte Sicherung der besonderen Erfahrung und der herausgehobenen Sachkunde des Wahlarztes für die Heilbehandlung ist bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses objektiv unmöglich. Die Klausel läuft in diesen Fällen auf die Änderung des wesentlichen Inhalts des Wahlarztvertrags hinaus, was unter Berücksichtigung von § 9 Abs. 2 AGBG bzw. § 307 Abs. 2 BGB unzumutbar ist. Zulässig ist deshalb nur eine solche Klausel, in der der Eintritt eines Vertreters des Wahlarztes auf die Fälle beschränkt ist, in denen dessen Verhinderung im Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung nicht bereits feststeht, etwa weil die Verhinderung (Krankheit, Urlaub etc.) selbst noch nicht absehbar oder weil noch nicht bekannt ist, dass ein bestimmter verhinderter Wahlarzt, auf den sich die Wahlleistungsvereinbarung gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 BPflV (ab 01.01.2005: § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG) erstreckt, zur Behandlung hinzu gezogen werden muss.

Überdies ist eine Stellvertretervereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 308 Nr. 4 BGB nur wirksam, wenn darin als Vertreter der ständige ärztliche Vertreter im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 3 und 4, § 5 Abs. 5 GOÄ bestimmt ist. Aus den genannten Vorschriften der GOÄ geht hervor, dass dieser Vertreter in gebührenrechtlicher Hinsicht dem Wahlarzt angenähert ist, weil er nach Dienststellung und medizinischer Kompetenz kontinuierlich in engem fachlichen Kontakt mit dem liquidationsberechtigten Krankenhausarzt steht und deshalb davon ausgegangen werden kann, dass er jederzeit voll in die Behandlungsgestaltung des Wahlarztes eingebunden ist. Aus diesem Grunde ist sein Tätigwerden für den Wahlleistungspatienten weder überraschend noch unzumutbar. Bei anderen Ärzten ist dies bei der notwendigen generalisierenden Betrachtungsweise nicht gewährleistet, weshalb eine weitergehende Vertreterklausel unzumutbar ist.

Weiterhin muss der ständige ärztliche Vertreter namentlich benannt sein, was ebenfalls aus § 5 Abs. 5 GOÄ folgt. Danach steht dem Wahlarzt hinsichtlich der Gebührenhöhe nur der ausdrücklich benannte ständige ärztliche Vertreter gleich. Dies ist Ausfluss einer allgemeinen Wertung, die auf die Beurteilung der Zumutbarkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung im Sinne des § 308 Nr. 4 BGB zu übertragen ist.

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Besondere Anforderungen an die Aufklärung

Die Parteien haben jedoch mit der "Schriftlichen Fixierung einer Stellvertretervereinbarung" eine wirksame Vereinbarung getroffen, aufgrund der der Kläger von seiner Pflicht zur persönlichen Ausführung der Operation befreit wurde und statt seiner – unter Aufrechterhaltung seiner Liquidationsbefugnis – ein namentlich benannter Oberarzt tätig werden durfte. Der Wahlarzt kann sich durch eine Individualvereinbarung mit dem Patienten von seiner Pflicht zur persönlichen Leistung befreien und deren Ausführung einem Stellvertreter übertragen.

Da sich der Patient oftmals in der bedrängenden Situation einer schweren Sorge um seine Gesundheit oder gar sein Überleben befindet und er daher zu einer ruhigen und sorgfältigen Abwägung vielfach nicht in der Lage sein wird, bestehen ihm gegenüber nach Treu und Glauben (§§ 241 Abs. 2, 242 BGB) vor Abschluss einer solchen Vereinbarung aber besondere Aufklärungspflichten, bei deren Verletzung dem Honoraranspruch des Wahlarztes der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegen steht.

Danach ist der Patient so früh wie möglich über die Verhinderung des Wahlarztes zu unterrichten und ihm das Angebot zu unterbreiten, dass an dessen Stelle ein bestimmter Vertreter zu den vereinbarten Bedingungen die wahlärztlichen Leistungen erbringt. Soll die Vertretervereinbarung im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Abschluss des Wahlleistungsvertrags getroffen werden, ist der Patient auf diese gesondert ausdrücklich hinzuweisen. Er ist in der ohnehin psychisch belastenden Situation der Aufnahme in das Krankenhaus bereits mit der umfangreichen Lektüre der schriftlichen Wahlleistungsvereinbarung und der in diesem Zusammenhang notwendigen Belehrungen befasst. Dies begründet die nicht unerhebliche Gefahr, dass er der Vertretervereinbarung, die der durch die Wahlleistungsvereinbarung erweckten Erwartung, durch den Wahlarzt behandelt zu werden, widerspricht, nicht die notwendige Aufmerksamkeit zukommen lässt.

Weiter ist der Patient über die alternative Option zu unterrichten, auf die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen zu verzichten und sich ohne Zuzahlung von dem jeweils diensthabenden Arzt behandeln zu lassen. Ein nochmaliger Hinweis, dass er auch in diesem Fall die medizinisch notwendige Versorgung durch hinreichend qualifizierte Ärzte erhält, ist nicht erforderlich, da eine solche Belehrung bereits vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung erteilt werden muss. Ist die jeweilige Maßnahme bis zum Ende der Verhinderung des Wahlarztes verschiebbar, so ist dem Patienten auch dies zur Wahl zu stellen.

Nicht notwendig ist es, den Patienten eigens ausdrücklich darüber aufzuklären, dass der Wahlarzt auch für die Behandlung durch den Stellvertreter liquidationsberechtigt ist. Ist der Patient über die Option informiert, sich ohne gesondertes Honorar im Rahmen der allgemeinen Krankenhausleistungen behandeln zu lassen, und entscheidet er sich gleichwohl für die Inanspruchnahme der wahlärztlichen Leistungen durch den Vertreter zu den vereinbarten Bedingungen, muss ihm – jedenfalls wenn die notwendige Unterrichtung vor Abschluss der Wahlleistungsvereinbarung erfolgt ist – von sich aus klar sein, dass er hierfür auch das für den Wahlarzt anfallende Honorar zahlen muss. Ob der Anspruch in der Person des Wahlarztes entsteht, in der seines Vertreters oder in der eines Dritten, ist für die Entscheidung des Patienten über den Abschluss der Stellvertretervereinbarung objektiv nicht von Bedeutung.

Weiter ist es nicht erforderlich, dass der Wahlarzt selbst den Patienten aufklärt. Dieser benötigt, um über die Annahme des Angebots auf Abschluss einer Stellvertretervereinbarung auf einer ausreichenden Grundlage zu entscheiden, nur die Kenntnis der vorgenannten Tatsachen. Auf die besonderen Erfahrungen und die Fachkunde seines Wahlarztes ist er für deren sachgerechte Beurteilung nicht angewiesen.

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Fazit

Ein Wahlarzt darf über die Delegation nachgeordneter Aufgaben hinaus im Fall seiner Verhinderung auch die Ausführung seiner Kernleistungen grundsätzlich auf einen Stellvertreter übertragen. Voraussetzung dafür ist jedoch eine entsprechende Vereinbarung mit dem Patienten.

Eine formularmäßige Vereinbarung eines Rechts des Verwenders, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, ist nur wirksam, wenn diese Änderung unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für seinen Vertragspartner zumutbar ist. Dies ist dann nicht der Fall, wenn die Verhinderung des Wahlarztes bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung feststeht. Zulässig ist daher nur eine Klausel, in der der Eintritt eines Vertreters des Wahlarztes auf die Fälle beschränkt ist, in denen dessen Verhinderung im Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung nicht bereits feststeht. Überdies ist eine Stellvertretervereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur wirksam, wenn darin als Vertreter der ständige ärztliche Vertreter namentlich bestimmt ist.

Da sich der Patient oftmals in der bedrängenden Situation einer schweren Sorge um seine Gesundheit oder gar sein Überleben befindet und er daher zu einer ruhigen und sorgfältigen Abwägung vielfach nicht in der Lage sein wird, bestehen ihm gegenüber vor Abschluss einer solchen Vereinbarung besondere Aufklärungspflichten. Der Patient ist danach so früh wie möglich über die Verhinderung des Wahlarztes zu unterrichten. Ihm ist das Angebot zu unterbreiten, dass an dessen Stelle ein bestimmter Vertreter zu den vereinbarten Bedingungen die wahlärztlichen Leistungen erbringt. Soll die Vertretervereinbarung im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Abschluss des Wahlleistungsvertrags getroffen werden, ist der Patient gesondert ausdrücklich auf diese hinzuweisen. Weiter ist der Patient über die alternative Möglichkeit zu unterrichten, auf die Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen zu verzichten und sich ohne Zuzahlung von dem jeweils diensthabenden Arzt behandeln zu lassen. Schließlich ist der Patient auch von der Möglichkeit zu unterrichten, die jeweilige Maßnahme bis zum Ende der Verhinderung des Wahlarztes zu verschieben. Zusammenfassend ist der Patient über folgende Alternativen aufzuklären:

  • Behandlung durch den Vertreter des Wahlarztes,

  • Behandlung als Regelleistungspatient durch den diensthabenden Arzt und

  • Verschiebung der Operation.

Der BGH stellt bei dem Abschluss einer Wahlleistungsvereinbarung und bei einer Verhinderung des Wahlarztes hohe Anforderungen sowohl an die Vertretervereinbarung als auch an die entsprechende Aufklärung an. Verstößt das Krankenhaus hiergegen, entsteht kein entsprechender Vergütungsanspruch. Gleichwohl hat das Gericht die nicht unerhebliche Gefahr gesehen, dass zum einen die Aufnahme in ein Krankenhaus grundsätzlich eine psychisch belastende Situation darstellt. Zum anderen lässt der Patient bei der möglicherweise gleichzeitigen Vorlage von Wahlleistungs- und Vertretervereinbarung diesen Vereinbarungen nicht die notwendige Aufmerksamkeit zukommen, so dass er möglicherweise einem Irrtum erliegt und erwartet, durch den Wahlarzt behandelt zu werden. Daher ist trotz Beachtung der aufgezeigten Grundsätze nach wie vor abzustellen auf die konkreten Umstände des Einzelfalls.

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Literatur

01 z.B. BGH, Urteil vom 20.12.2007 – III ZR 144/07 –, juris Rn. 7; LG Bonn, Urteil vom 04.02.2004 – 5 S 207/03 –, juris Rn. 10; LG Aachen, Urteil vom 09.05.2002 – 11 O 132/00 –, VersR 2002, S. 195/195; Kalis, Der ständige Streit um den ständigen ärztlichen Vertreten – Anmerkungen zu § 4 Abs. 2 GOÄ –, VersR 2002, S. 23/24; Miebach/Patt, Persönliche Leistungserbringung und Vertretung des Chefarztes bei wahlärztlichen Leistungen, NJW 2000, S. 3377/3379)

02 vgl. zu den Kernleistungen Bekanntmachung der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Deutsches Ärzteblatt 2008, S. 2173/2175–2177

03 § 2 Abs. 3 Satz 2 GOÄ lautet: "Im übrigen ist bei vollstationären, teilstationären sowie vor- und nachstationären wahlärztlichen Leistungen eine Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 1 (Durch Vereinbarung kann eine von dieser Verordnung abweichende Gebührenhöhe festgelegt werden.) nur für vom Wahlarzt höchstpersönlich erbrachte Leistungen zulässig."

04 § 4 Abs. 2 Satz 3 GOÄ lautet: "Als eigene Leistungen im Rahmen einer wahlärztlichen stationären, teilstationären oder vor- und nachstationären Krankenhausbehandlung gelten nicht 1. Leistungen nach den Nummern 1 bis 62 des Gebührenverzeichnisses innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme und innerhalb von 24 Stunden vor der Entlassung, 2. Visiten nach den Nummern 45 und 46 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung sowie 3. Leistungen nach den Nummern 56, 200, 250, 250a, 252, 271 und 272 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung, wenn diese nicht durch den Wahlarzt oder dessen vor Abschluss des Wahlarztvertrages dem Patienten benannten ständigen ärztlichen Vertreter persönlich erbracht werden; der ständige ärztliche Vertreter muss Facharzt desselben Gebiets sein."

05 § 5 Abs. 5 GOÄ lautet: "Bei wahlärztlichen Leistungen, die weder von dem Wahlarzt noch von dessen vor Abschluss des Wahlarztvertrages dem Patienten benannten ständigen ärztlichen Vertreter persönlich erbracht werden, tritt an die Stelle des Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes nach § 5 Abs. 1 Satz 1 das 2,3fache des Gebührensatzes und an die Stelle des Zweieinhalbfachen des Gebührensatzes nach § 5 Abs. 3 Satz 1 das 1,8fache des Gebührensatzes."

06 Beschluss des Bundesrat vom 03.11.1995, BR-Drs. 688/95, S. 6

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Literatur

01 z.B. BGH, Urteil vom 20.12.2007 – III ZR 144/07 –, juris Rn. 7; LG Bonn, Urteil vom 04.02.2004 – 5 S 207/03 –, juris Rn. 10; LG Aachen, Urteil vom 09.05.2002 – 11 O 132/00 –, VersR 2002, S. 195/195; Kalis, Der ständige Streit um den ständigen ärztlichen Vertreten – Anmerkungen zu § 4 Abs. 2 GOÄ –, VersR 2002, S. 23/24; Miebach/Patt, Persönliche Leistungserbringung und Vertretung des Chefarztes bei wahlärztlichen Leistungen, NJW 2000, S. 3377/3379)

02 vgl. zu den Kernleistungen Bekanntmachung der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Deutsches Ärzteblatt 2008, S. 2173/2175–2177

03 § 2 Abs. 3 Satz 2 GOÄ lautet: "Im übrigen ist bei vollstationären, teilstationären sowie vor- und nachstationären wahlärztlichen Leistungen eine Vereinbarung nach Absatz 1 Satz 1 (Durch Vereinbarung kann eine von dieser Verordnung abweichende Gebührenhöhe festgelegt werden.) nur für vom Wahlarzt höchstpersönlich erbrachte Leistungen zulässig."

04 § 4 Abs. 2 Satz 3 GOÄ lautet: "Als eigene Leistungen im Rahmen einer wahlärztlichen stationären, teilstationären oder vor- und nachstationären Krankenhausbehandlung gelten nicht 1. Leistungen nach den Nummern 1 bis 62 des Gebührenverzeichnisses innerhalb von 24 Stunden nach der Aufnahme und innerhalb von 24 Stunden vor der Entlassung, 2. Visiten nach den Nummern 45 und 46 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung sowie 3. Leistungen nach den Nummern 56, 200, 250, 250a, 252, 271 und 272 des Gebührenverzeichnisses während der gesamten Dauer der stationären Behandlung, wenn diese nicht durch den Wahlarzt oder dessen vor Abschluss des Wahlarztvertrages dem Patienten benannten ständigen ärztlichen Vertreter persönlich erbracht werden; der ständige ärztliche Vertreter muss Facharzt desselben Gebiets sein."

05 § 5 Abs. 5 GOÄ lautet: "Bei wahlärztlichen Leistungen, die weder von dem Wahlarzt noch von dessen vor Abschluss des Wahlarztvertrages dem Patienten benannten ständigen ärztlichen Vertreter persönlich erbracht werden, tritt an die Stelle des Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes nach § 5 Abs. 1 Satz 1 das 2,3fache des Gebührensatzes und an die Stelle des Zweieinhalbfachen des Gebührensatzes nach § 5 Abs. 3 Satz 1 das 1,8fache des Gebührensatzes."

06 Beschluss des Bundesrat vom 03.11.1995, BR-Drs. 688/95, S. 6

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