Laryngorhinootologie 1996; 75(7): 426-432
DOI: 10.1055/s-2007-997608
TRAUMATOLOGIE

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Diagnostische und therapeutische Probleme bei Schußverletzungen*

Diagnostic and Therapeutic Problems of Gunshot WoundsM. Reiß1 , E. Pilling2
  • 1Klinik für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde (Direktor: Prof. Dr. med. K.-B. Hüttenbrink)
  • 2Zentrum für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (Direktor: Prof. Dr. med. U. Eckelt) des Universitätsklinikums Dresden
* Auszugsweise vorgetragen auf der 79. Versammlung der Vereinigung Südwestdeutscher Hals-Nasen-Ohren-Ärzte in Bad Dürkheim im September 1995.
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Publication Date:
29 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund: Schußverletzungen sind in Friedenszeiten ein seltenes Ereignis. Allerdings ist in unserem Krankengut in letzter Zeit eine allgemeine Zunahme, insbesondere auch hinsichtlich der Schwere zu verzeichnen. Dieser Umstand ist auf die größere Zahl der Roheitsdelikte zurückzuführen. Als Ursachen von Schußverletzungen kommen in Friedenszeiten in erster Linie suizidale Absichten, fahrlässiger Umgang mit Schußwaffen und insbesondere auch gewalttätige Auseinandersetzungen in Betracht. Schußverletzungen sind im Gegensatz zu Verletzungen, die durch Schlag oder Aufprall am Gesichtsschädel hervorgerufen werden, durch einen irregulären Verlauf, Ein- und Ausschußwunden sowie umschriebene Zertrümmerungen der Knochen mit entsprechenden Defekten gekennzeichnet. Patienten: In den letzten 35 Jahren wurden 30 Patienten mit Schußverletzungen behandelt. Anhand von 4 Kasuistiken werden detailliert die Problematik bei der interdisziplinären Versorgung dargestellt sowie die diagnostischen und therapeutischen Konsequenzen diskutiert. Ergebnisse und Schlußfolgerungen: Hierbei handelt es sich einmal um einen Steckschuß in der linken Fossa pterygopalatina, dessen Entfernung intraoperativ zu einer Blutung aus der A. maxillaris führte. Präoperativ hätte hier eine Angiographie wertvolle Hinweise geben können. Im zweiten bzw. dritten Fall führte eine Schreckschußverletzung im Bereich des linken Gesichtes bzw. der Zunge zu solch ausgedehnten Verletzungen, so dass mehrmalige operative Revisionen erforderlich waren bzw. diagnostische Probleme bestanden. Hier zeigt sich, wie außerordentlich gefährlich die Verletzungen mit Schreckschußwaffen sein können. Außerdem wird der Fall eines kleinen Mädchens geschildert, bei der das Geschoß in der vergrößerten Rachenmandel saß. Aufgrund der ausgedehnten Zerreißungs- und Verletzungsgefahr ist die primäre sorgfältige Versorgung für die späteren funktionellen kosmetischen Ergebnisse von größter Bedeutung. Die Problematik der Fremdkörperimplantation bei Belassen des Geschosses wird diskutiert.

Summary

Background: Bullet wounds are a rare occurrence during times of peace, Recently, however, there has been a general increase in the relative number and severity of this type of trauma. In times of peace, gunshot wounds may be mainly caused by suicide attempts, negligent handling of firearms and especially violent conflicts. Bullet wounds, in contrast to wounds caused by a blow or impact to the viscerocranium, are characterised by an irregular path, entry and exit wounds, as well as localised demolition of bones with the associated defects. Patients: 30 patients with gunshot wounds were treated during the past 35 years. Basing on four case reports, problems of interdisciplinary treatment approach to gunshot wounds are discussed, as well as the diagnostic and therapeutic consequences. Results and conclusions: The first case concerns a retained missile in the left fossa pterygopalatina. Intraoperative removal caused a rupture of the A. maxillaris. Preoperative angiography could have provided valuable information. In the second case, an injury caused by a shot from a blank cartridge pistol in the left facial area resulted in extensive wounds with several surgical revisions. The third case was a shot injury to the tongue with an unexpected wound and bleeding. The fourth case describes a child with a bullet in a hyperplastic adenoid tonsil. Primary careful treatment is of greatest significance for functional and cosmetic results due to extensive rupturing and wounds.

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