Dtsch Med Wochenschr 2003; 128(42): 2216
DOI: 10.1055/s-2003-42982
Leserbriefe
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Genetik der Osteoporose

Zum Beitrag aus DMW 30/2003
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Publication Date:
16 October 2003 (online)

Schütze et al. führen eine Reihe von Genen an, die zur Entwicklung einer Osteoporose beitragen [1]. Dies mag sich in modellhaften (z. B. Zwillings-)Studien so herauskristallisieren. Die Vielzahl von 200 bekannten Genen durchmischt sich in einer heterogenen Bevölkerung jedoch so sehr, dass Faktoren aus diesem Genpool den willentlich beeinflussbaren Faktoren (und nicht der „Umwelt“) untergeordnet sind. Wäre dies nicht so, dann könnte der Zustand der beiden eineiigen Zwillinge (Abb. [1]), deren Knochen- und Muskelmasse sich um den Faktor 1,5 unterscheidet, unmöglich erklärt werden. Einer der Zwillinge trainierte Gewichtheben, der andere Marathonlauf. Die (Auseinander-) Entwicklung des muskulo-skelettalen Systems durch äußere Faktoren bei identischem Genmaterial lässt sich jedoch theoretisch und durch zahlreiche Studien sehr gut begründen ([2], darin enthaltene Primärquellen). Auch ist es an der Zeit von der Vorstellung abzurücken, dass durch Gene die „Knochendichte“ geregelt würde. Es könnte auf diese Weise auch nicht erklärt werden, warum bei einer Fibula pro Tibia-Osteosynthese die Fibula nach einem Jahr die vierfache Knochenmasse aufweist.

Abb. 1 Eineiige Zwillinge, die Sportler waren. Der eine trainierte Marathonlauf, der andere Gewichtheben. Die historischen Bilder wurden freundlicherweise von Prof. Edward Senn, Luzern, zur Verfügung gestellt.

Geregelt wird vielmehr die Knochenfestigkeit. Dies geschieht in Abhängigkeit von folgenden Faktoren auf zwei Ebenen:

im Material (dies ist vorgegeben): genetisch bestimmte Eigenschaften (Kollagen, Mineralisationsgrad), mechanische Eigenschaft: Zug- und Druckfestigkeit (140 - 180 N/mm2 ultimativ), Fähigkeit zur Reparatur von Mikroläsionen. in der Architektur (dies wird den Erfordernissen entsprechend angepasst): Art des Knochen-Organs: diaphysärer oder spongiöser Knochen, Form des Knochens.

Daraus erkennt man sofort, dass die mechanische Kompetenz eines Organs Knochen fast auschließlich durch willentlich gesteuerte physikalische Anforderungen adaptiert wird. Hinsichtlich Form und Materialeigenschaft ist eine Spezies dem genetischen Programm nur in der Anfangssituation ausgeliefert. Die Festigkeit gestaltet sich jedoch durch die Anforderungen, die an den Knochen gestellt werden. Dichte oder Masse können einen gesunden oder kranken Zustand nicht erklären. Die Maus hätte ansonsten einen kranken Knochen, der Elephant einen sehr gesunden (beide sind Wirbeltiere).

Literatur

  • 1 Schütze N, Ebert R, Paunescu K, Jakob F. Genetik der Osteoporose.  Dtsch Med Wochenschr. 2003;  128 1609-1614
  • 2 Frost H M, Schneider P, Schneider R. Behandlungsbedürftige Osteoporose oder physiologische Osteopenie? - WHO Definition im Gegensatz zum Utah Paradigma.  Dtsch Med Wochenschr. 2002;  127 2570-2574

Prof. Dr. P. Schneider

Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin, Universitätsklinikum Würzburg

Josef-Schneider-Straße 2

97080 Würzburg

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