Dtsch Med Wochenschr 2000; 125(48): 1483
DOI: 10.1055/s-2000-8665
Fragen aus der Praxis
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Beendigung der Behandlung mit der perkutanen endoskopischen Gastrostomie

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Publikationsdatum:
31. Dezember 2000 (online)

Frage: Die perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) wird zunehmend bei geriatrischen und neurologischen Patienten eingesetzt. Manchmal ist die Beendigung dieser Ernährungsform zugunsten der normalen Nahrungsaufnahme angezeigt. Welches Verfahren wird zur Entfernung der PEG-Sonde angewendet?

Antwort: Seit der Erstbeschreibung aus dem Jahre 1980 durch Gauderer und Ponsky [3] hat sich die perkutane endoskopische Gastrostomie (PEG) als eines der wichtigsten Verfahren zur enteralen Langzeiternährung etabliert. Die Technik ist einfach durchzuführen und die Komplikationsrate ist gering [4]. Die klassische Indikation für die Anlage einer PEG bei Erwachsenen ist eine Dysphagie ohne weitere Einschränkungen der Lebensqualität, z. B. im Rahmen einer neurogenen Dysphagie. Der Nutzen einer PEG wurde auch bei Patienten mit einem Malignom des Mund-Rachen-Hals-Raumes bzw. des Ösophagus sowie bei pädiatrischen Patienten mit einer Mukoviszidose gut dokumentiert. Einzelne Patienten mit internistischer Grunderkrankung können auch davon profitieren [5] [10]. Über weitere medizinische und ethische Richtlinien für die Anlage einer PEG wird auf eine aktuelle Übersicht hingewiesen [9].

Die häufigste benutzte Standard-PEG-Sonde hat eine Silikonhalteplatte und wird mit der Durchzugstechnik „pull-technique” angelegt. Die Silikonhalteplatte dient als interne Fixierung an der Magenwand beim Zug des Magens an die Bauchwand. Falls eine PEG-Sonde z. B. nach Besserung der neurologischen Situation nicht mehr benutzt wird, dann sollte sie entfernt werden. Von den Herstellern empfohlen und in der Regel praktiziert ist eine endoskopische Entfernung der inneren PEG-Halteplatte nach Abschneiden des außen liegenden Anteiles. Dies ist die sicherste Methode, obwohl die Endoskopie eine erneute Belastung für den Patienten darstellt. Eine PEG-Sonde-Entfernung mittels einfachen Abschneidens des äußeren Anteiles der PEG-Sonde und Belassens der inneren PEG-Silikon-Halteplatte für die Passage via naturalis hat viele Risiken. Die Durchsicht der Literatur ergab eine Reihe von Fallberichten über zum Teil schwerwiegende Komplikationen dieses Vorgehens wie Dünndarmileus oder Dünndarmperforation [2] [8] [12]. Es gibt nur einzelne systematische Studien zur Klärung der Frage des tatsächlichen Risikos dieses Vorgehens. Korula und Harma haben 64 erwachsene Patienten prospektiv über einen mittleren Zeitraum von 5 Monaten nach Abschneiden der PEG-Sonde beobachtet [6]. Nur ein Patient mit einer C4-Tetra-plegie bedurfte einer endoskopischen Entfernung der Platte aus dem Pyloruskanal. Bei den anderen Patienten wurde der Abgang der PEG-Silikon-Platte entweder radiologisch innerhalb von 14 Tagen dokumentiert oder klinisch im weiteren Verlauf beobachtet. In einer Studie mit 234 Kindern [7] wurde in 5 Fällen (2,1 %) eine Komplikation dieses Vorgehens beobachtet, meist in Form einer Ösophagusobstruktion durch die Platte. Eine deutlich höhere Komplikationsrate dieses Vorgehens wurde in einer anderen Studie berichtet [11]. Hier wurden bei fünf von elf Kindern Komplikationen wie Übelkeit und Erbrechen notiert, in einem Fall sogar mit einem letalen Ausgang wegen Ösophagusperforation. Die Daten deuten daraufhin, dass trotz des als gering einzuschätzenden Risikos potentiell schwere Komplikationen möglich sind.

In einzelnen Fällen ist dieses Vorgehen die einzige Option zum PEG-Wechsel bei Patienten mit einer defekten PEG-Sonde und einer subtotalen bis totalen Obstruktion des Mundrachenraumes bzw. des Ösophagus. Dieses Vorgehen ist ebenfalls gerechtfertigt, falls der Patient eine Endoskopie ablehnt. Eine formlose schriftliche Aufklärung über mögliche Komplikationen ist wichtig. Kontraindikationen sind eine Anamnese oder der Verdacht auf eine Passagestörung bzw. eine mechanische Obstruktion im gastrointestinalen Trakt (z. B. Briden, Stenose, pseudointestinale Obstruktion, chronisch entzündliche Darmerkrankungen). Eine radiologische Verlaufsbeobachtung z. B. wöchentlich für mindestens 3 Wochen zur Dokumentation ist erforderlich.

Seit einigen Jahren wurden auch PEG-Sonden mit der „push-technique”, das heißt direkt von außen in den Magen anstatt mit der „pull-technique” per os mit vergleichbaren Erfolgs- und Komplikationsraten implantiert [1]. Diese Technik ist insbesondere bei einer hochgradigen Obstruktion des Mundrachenraumes bzw. des Ösophagus sinnvoll. Diese PEG-Sonden haben einen aufblasbaren Ballon als innere Fixierung und können daher ohne weiteres wieder entfernt werden. Bei Kindern erscheint dieses Verfahren vielversprechend, weil ein späterer PEG-Sonden-Wechsel oder eine Anlage eines Buttons auch ohne endoskopische Maßnahme gut möglich ist. Einzelne Firmen bieten nun auch Spezial-PEG-Sonden für die Durchzugstechnik, wo eine spätere PEG-Sonden-Entfernung durch ein einfaches Ziehen an der PEG-Sonde möglich ist (z. B. Flexiflo-Inverta, Abbott, Wiesbaden). Diese Spezial-PEG-Sonden haben ein höheres Risiko, akzidentell vom Patienten gezogen zu werden, als Standard-PEG-Sonden. Der Gebrauch solcher Spezial-PEG-Sonden soll erwogen werden, wenn die Dauer der Nutzung möglicherweise begrenzt ist oder ein Wechsel in absehbarer Zeit vorgesehen ist.

Zusammenfassend ist eine endoskopische Bergung der Silikonhalteplatte immer anzustreben, da potentiell lebensbedrohliche Komplikationen vermieden werden können. Falls eine Endoskopie vom Patienten abgelehnt wird oder nicht möglich ist, kann die PEG-Sonde einfach abgeschnitten werden. Eine radiologische oder klinische Verlaufbeobachtung ist erforderlich, um Komplikationen rechtzeitig zu erkennen.

Literatur

  • 1 Akkersdijk W L, van Bergeijk J D. et al . Percutaneous endoscopic gastrostomy (PEG).  Endoscopy. 1995;  27 313-316
  • 2 Coventry B J, Karatassas A, Gower L, Wilson P. Intestinal passage of the PEG end-piece: is it safe?.  J. Gastroenterol. Hepatol. 1994;  9 311-313
  • 3 Gauderer M W, Ponsky J L, Izant jr. R J. Gastrostomy without laparotomy.  J. Pediatr. Surg. 1980;  15 872-875
  • 4 Gossner L, Ludwig J, Hahn E G, Ell C. Risiken der perkutanen endoskopischen Gastrostomie.  Dtsch. med. Wschr. 1995;  120 1768-1772
  • 5 Januschowski R, Bexten M. Die perkutane endoskopische Gastrostomie-Sonde als Therapiemöglichkeit bei rezidiviertem Anus-Praeter-Prolaps.  Dtsch. med. Wschr. 1999;  124 1062-1065
  • 6 Korula J, Harma C. A simple and inexpensive method of removal or replacement of gastrostomy tubes.  JAMA. 1991;  265 1426-1428
  • 7 Mollitt D L, Dokler M L. et al . Complications of retained internal bolster after pediatric percutaneous endoscopic gastrostomy.  J. Pediatr. Surg. 1998;  33 271-273
  • 8 Mutabagani K H, Townsend M C, Arnold M W. PEG ileus: A preventable complication.  Surg. Endosc. 1994;  8 694-697
  • 9 Rabeneck L, McCullough L B, Wray N P. Ethically justified, clinically comprehensive guidelines for percutaneous endoscopic gastrostomy tube placement.  Lancet. 1997;  349 496-498
  • 10 Rosenbaum A, Kruis W, Riemann J F. Interventionelle Endoskopie bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen.  Dtsch. Med. Wschr.. 1999;  124 967-971
  • 11 Yaseen M, Steele M I, Grunow J E. Nonendoscopic removal of percutaneous endoscopic gastrostomy tubes.  Gastrointest. Endosc. 1996;  44 235-238
  • 12 Waxman I, al-Kawas F H, Bass B, Glouderman M. PEG ileus.  Dig. Dis. Sci. 1991;  36 251-254

PD Dr. H N Nguyen
Prof. Dr. Dipl.-Biochem S Matern

Medizinische Klinik III Universitätsklinikum der RWTH

Pauwelstr. 30

52074 Aachen

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