Dtsch Med Wochenschr 2000; 125(30): 920
DOI: 10.1055/s-2000-6773-2
Leserbriefe
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Erwiderung

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Publication Date:
28 April 2004 (online)

 

Selbstverständlich muss man dem Kollegen Bangert recht geben, wenn er sorgfältig und korrekt durchgeführte Studien mit klar definierten Endpunkten zur Überprüfung unserer therapeutischen Maßnahmen fordert. Die klar definierten Endpunkte müssen messbare Informationen enthalten. Subjektives Befinden und Lebensqualität sind nicht einfach zu messen. Bei Medikamenten, die nachweisbar nicht schaden, mag es angehen, subjektives Befinden als Endpunkt (Surrogatparameter) zu definieren. Nun hat aber gerade die CAST-Studie eindrucksvoll gezeigt, dass die Herzrhythmusstörungen bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung unter Flecainid etc. verschwanden und sich die Lebensqualität der Patienten deutlich besserte, ihre verbleibende Lebensspanne aber verkürzt war. Dieses Ergebnis haben wir nur durch entsprechende Studien mit harten Endpunkten (Lebensverlängerung) überhaupt herausbekommen.

Bei vielen wirksamen modernen Pharmaka sind Nebenwirkungen bekannt, die teilweise auch sehr ernste Folgen haben können. Darüber klären wir unsere Patienten selbstverständlich eingehend auf. Die Nutzen-Risiko-Abwertung wird dabei sehr genau besprochen. Bei einer Reihe verschiedener Pharmaka wissen wir gar nicht, ob das eigentliche Therapieziel (Lebensverlängerung bei arterieller Hypertonie, Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus etc.) erreicht wird. Ein noch so gut vertragenes Medikament bei arterieller Hypertonie, welches zwar den Blutdruck senkt, aber das Leben verkürzt, wäre unsinnig. Gleiches gilt für praktisch alle Krankheiten (zum Beispiel Hyperlipidämie!). Ich würde heute keinem Koronarpatienten mit störenden Extrasystolen ein Klasse-I-Antiarrhythmikum mehr geben, obwohl die Herzrhythmusstörungen dadurch fast regelhaft gut beseitigt werden und die Befindlichkeit damit verbessert wird. Ich kenne auch keine Patienten, die nach entsprechender Aufklärung doch das Klasse-I-Antiarrhythmikum haben wollen. Der β-Blocker in dieser Situation ist geprüft und verlängert das Leben.

Selbstverständlich gibt es eine Vielzahl von Indikationen, Leiden zu lindern und Beschwerden zu bessern mit Pharmaka, die hinsichtlich ihres harten Endpunktes gar nicht geprüft wurden. Wenn aber Medikamente neu entwickelt und zugelassen werden, sollte man in Anbetracht der vielen bekannten Problemfälle nach Möglichkeit nur harte und gut messbare Endpunkte in Therapiestudien akzeptieren.

Prof. Dr. E. Erdmann

Klinik III für Innere Medizin Universitätsklinikum

Joseph-Stelzmann-Straße

50924 Köln



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