Geburtshilfe Frauenheilkd 2024; 84(10): e107
DOI: 10.1055/s-0044-1790668
Abstracts │ DGGG

Das Timing der Re-Sectio, wenn bei der vorausgegangenen Sectio caesarea eine atypische Uterotomie vorgenommen worden ist

I. Dautert
1   Rechtsanwälte Dr. Dautert & Dr. Dieblich, Oldenburg, Deutschland
,
U. Retzke
2   ehemals Fördeklinik Flensburg, Flensburg, Deutschland
,
M. Krause
3   ehemals Frauenklinik des Klinikum Nürnberg, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe/Bereich Geburtshilfe, Nürnberg, Deutschland
,
G. Westhof
4   Mitglied der Universität Witten/Herdecke, Recklinghausen, Deutschland
› Author Affiliations
 

Zielstellung: Uteruseröffnung durch korporalen Längsschnitt oder umgedrehtem T-Schnitt kennzeichnet die „atypische Uterotomie“. In der nachfolgenden Schwangerschaft ist die Gefahr für Uterusruptur signifikant erhöht. Frage: Kann durch spezielles Timing der per se indizierten Re-Sectio das Rupturrisiko gemindert werden?

Materialien: Bei der medico-legalen Aufarbeitung vital bedrohlicher Geburtskomplikationen der Jahre 2016 – 2022 in spezialisierter Anwaltspraxis sind 11 Fälle aufgefallen, bei denen es nach vorausgegangener Sectio mit atypischer Uterotomie in der nachfolgenden Schwangerschaft zur kompletten Uterusruptur gekommen ist. Dreimal nach korporalem Längsschnitt und achtmal nach umgedrehtem T-Schnitt.

Methoden: Einzelfallanalyse der 11 Uterusrupturen gemäß verifizierter OP-Berichte.

Ergebnisse: Bei 10 der 11 Fälle schwere Hämorrhagien, Blutungsschock der Mutter und Hysterektomie. Von den 11 Neonaten verstarben 2 kurz post natum, alle anderen hatten NapH < 7,0 und 5-Min-Apgar maximal 4. Neun Neugeborene hatten neurologische Dauerschäden durch schwere hypoxisch-ischämische Enzephalopathie. Die Uterusruptur trat bei allen Fällen nach der vollendeten 36. SSW auf. In keinem einzigen Fall fand sich im Mutterpass ein Hinweis auf die atypische Uterotomie bei der vorausgegangenen Sectio.

Schlussfolgerungen:

  1. Re-Sectio in der 36. SSW (oder früher) reduziert Häufigkeit der Uterusruptur mit allen ihren katastrophalen Folgen für Mutter und Kind

  2. Der Gewinn durch Verhinderung der Uterusruptur überwiegt bei Weitem das beherrschbare Risiko der iatrogenen Frühgeburtlichkeit

  3. Re-Sectio in Klinik in einem PNZ mindestens Level II

  4. Verpflichtende Dokumentation der atypischen Uterotomie im Mutterpass

  5. Implementierung der unter 1 – 4 genannten Aspekte in die neue DGGG-Leitlinie



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Article published online:
01 October 2024

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