Gesundheitswesen 2010; 72 - P185
DOI: 10.1055/s-0030-1266692

Lebensqualität von onkologischen Patienten im zeitlichen Verlauf am Beispiel von Prostatakarzinom-Patienten aus Schleswig-Holstein

M Sailer 1, A Waldmann 1, R Pritzkuleit 1, H Raspe 2, A Katalinic 1
  • 1Institut für Krebsepidemiologie e.V., Lübeck
  • 2Institut für Sozialmedizin, Lübeck

Einleitung/Hintergrund: Bei Tumorerkrankungen mit guter Prognose nimmt die posttherapeutische Lebensqualität (QoL) möglicherweise eine zentrale Rolle bei der Therapie-Entscheidungsfindung ein. Im Rahmen der OVIS-Studie (Onkologische Versorgung in Schleswig-Holstein) wurden an das Krebsregister Schleswig-Holstein gemeldete Patienten mittels standardisierter Fragebögen interviewt und die gesundheitsbezogene QoL sowie versorgungsunabhängige und -abhängige Einflussfaktoren erhoben. Material und Methoden: An das Krebsregister Schleswig-Holstein gemeldete Patienten, die im Zeitraum von Januar 2002 bis Juni 2004 die Diagnose „Prostatakrebs“ erhalten hatten und die Einschlusskriterien der OVIS-Studie erfüllten, wurden im Abstand von zwei Jahren zweimalig postalisch zu ihrer Krebserkrankung und zu ihrer QoL befragt (EORTC-QLQ C30, Version 2). Nach Osoba et al. (1998) wurden Unterschiede in den Einschätzungen der QoL -Aspekte von ≥10 Punkten als klinisch relevant betrachtet. Außerdem wurde ein Vergleich zu QoL -Einschätzungen der gesunden deutschen Allgemeinbevölkerung (Schwarz und Hinz 2001) gezogen. Ergebnisse: Von 2226 gemeldeten Prostatakarzinom-Patienten nahmen 1750 an der Erstbefragung (EB, medianes Alter bei Erstdiagnose: 66 Jahre) und 1345 an der Zweitbefragung (ZB) teil (Response EB: 78,6%; ZB: 77,4%). Die globale QoL wird zu beiden Befragungszeitpunkten von den Patienten besser (Unterschied von 6 Punkten) bewertet als von der altersadjustierten gesunden deutschen Allgemeinbevölkerung. Statistisch signifikanten und vermindernden Einfluss auf die QoL bei EB haben das Alter (Referenz: <40-Jährige; über 80-Jährige: OR=3,8), die Schichtzugehörigkeit (Mittelschicht: OR=0,4, Oberschicht OR=0,7), die Anwendung einer Chemotherapie (OR=12,5), das Auftreten von Komplikationen (OR=1,4) und Nebenwirkungen (OR=1,9) sowie die Teilnahme an einer Rehamaßnahme (OR=1,6). Im zeitlichen Verlauf ergeben sich das Auftreten eines Rezidivs (OR=1,4) und das Wohnen in der Stadt (OR=1,6) als relevante Risikofaktoren für eine klinisch relevant geringere QoL bei Zweitbefragung im Vergleich zur Erstbefragung. Diskussion/Schlussfolgerungen: Die Einschätzung der posttherapeutischen QoL ist abhängig von unterschiedlichen Faktoren. Eine Erhebung dieser Einflussgrößen mittels eines kurzen Fragebogens im Wartezimmer bietet sich an. Die jeweiligen Ergebnisse könnten richtungweisend für die individuelle Therapie-Entscheidungsfindung sein.