Gesundheitswesen 2010; 72 - P182
DOI: 10.1055/s-0030-1266689

Attributable Risiken für Alkoholkonsum und Krebsinzidenz in 8 europäischen Ländern

M Schütze 1, H Boeing 1, T Pischon 1, J Rehm 2, T Kehoe 3, G Gmel 3 M Bergmann 1 im Namen der EPIC-Studie
  • 1Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke, Nuthetal
  • 2Centre for Addiction and Mental Health (CAMH) und Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie, TU Dresden, Toronto und Dresden
  • 3Centre for Addiction and Mental Health (CAMH), Toronto

Alkoholkonsum gilt als etablierter Risikofaktor für Karzinome des Dickdarms, der Leber, des oberen Verdauungstraktes und der weiblichen Brust. Ziel unserer Analyse war es, den Anteil der Krebsinzidenz in 8 europäischen Ländern (Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland, Niederlande, Großbritannien, Deutschland und Dänemark) abzuschätzen, der auf Alkoholkonsum zurückführbar und damit potentiell vermeidbar ist (attributables Risiko). Dafür wurden populationsbezogene Prävalenzdaten des Alkoholkonsums sowie relative Risiken, die innerhalb der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Studie für Krebs in Abhängigkeit vom Alkoholkonsum berechnet wurden, herangezogen. Die Anzahl der vermeidbaren Fälle wurde mithilfe der Krebsinzidenzdaten aus GLOBOCAN 2002 berechnet. Außerdem wurde der Anteil des attributablen Risikos berechnet, der auf einen täglichen Alkoholkonsum von mehr als 2 Gläsern (=24g Ethanol) bei Männern und 1 Glas (=12g Ethanol) bei Frauen (empfohlene Obergrenze) zurückzuführen ist. In den untersuchten Ländern sind bei Männern und Frauen jeweils 53,0% (95% KI: 43,9–62,0%) und 27,6% (7,8–47,4%) der Karzinome des oberen Gastrointestinaltrakts, 33,5% (10,8–56,3%) und 14,4% (-8,8–37,6%) der Leberkarzinome, 16,5% (8,5–24,6%) und 5,3% (-1,3–10,2%) der Kolorektalkarzinome und 4,5% (2,4–8,0%) der Mammakarzinome auf Alkoholkonsum zurückzuführen. Bemerkenswert war, dass der Großteil des vermeidbaren Anteils (zwischen 55–94%) auf einen Alkoholkonsum entfiel, der über der empfohlenen Obergrenze pro Tag lag. Bezogen auf die Krebsinzidenzdaten von 2002 waren bei Männern bzw. Frauen 49.000 bzw. 19.000 Krebsneuerkrankungen durch Alkohol bedingt, wobei 32.000 bzw. 16.000 der Krebsfälle bei Männern bzw. Frauen auf einen täglichen Konsum von mehr als 2 Gläsern bzw. 1 Glas Alkohol zurückzuführen waren. In den untersuchten Ländern konnte ein beachtlicher Teil der Krebsinzidenz auf den Konsum von Alkohol zurückgeführt werden. Davon ist wiederum ein erheblicher Teil auf den täglichen Konsum von mehr als 2 Gläsern bzw. 1 Glas Alkohol bei Männern bzw. Frauen bedingt. Diese Ergebnisse legen nahe, dass derzeitige gesundheitspolitische Maßnahmen zur Minderung des Alkoholkonsums fortgesetzt und ausgebaut werden sollten.