Gesundheitswesen 2010; 72 - P177
DOI: 10.1055/s-0030-1266684

Prävalenz von Krebserkrankungen in Deutschland

J Bertz 1, S Dahm 1, J Haberland 1, K Kraywinkel 1, U Wolf 1, B Kurth 1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin

Hintergrund: Angaben zur Prävalenz chronischer Erkrankungen sind von besonderem Interesse für die Planung von Ressourcen und zur Abschätzung der Kosten für die Versorgung der Betroffenen. Für Krebserkrankungen in Deutschland werden zwar seit mehr als 20 Jahren regelmäßig die Anzahl der jährlichen Neuerkrankungen vom RKI geschätzt, die einzigen Angaben zur Prävalenz stammen jedoch bisher aus einem internationalen Projekt der IARC (GLOBOCAN) und beruhen auf Daten aus den 1990er Jahren. Methode: Die Methode der vorliegenden Prävalenzschätzung durch das Zentrum für Krebsregisterdaten lehnt sich an die Vorgehensweise des GLOBOCAN-Programms an. Die Berechnungen beruhen auf den vom RKI geschätzten Zahlen der jährlichen Krebsneuerkrankungen in Deutschland und auf den absoluten Überlebensraten aus dem Saarländischen Krebsregister (jeweils bis 2004). Auf der Basis der Bevölkerungsvorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes wurden unter der Annahme unveränderter Neuerkrankungs- und Überlebensraten absolute Prävalenzen bis 2010 hochgerechnet. Die Ergebnisse liegen nach dem Abstand zur Diagnose gegliedert als 1-, 2-, 3-, 5- bzw. 10-Jahres-Prävalenzen vor. Ergebnisse: Im Jahr 2004 war bei etwa 679.000 Frauen und 645.000Männern in den zurückliegenden fünf Jahren eine Krebsdiagnose gestellt worden (ohne nicht-melanotischer Hautkrebs). Von 1990 bis 2004 hat damit die absolute 5-Jahres-Prävalenz an Krebs bei Frauen um etwa 35% und bei Männern um 80% zugenommen. Bis zum Jahr 2010 ist mit einem weiteren Anstieg auf etwa 721.000 Frauen und 731.000Männer zu rechnen. Fast die Hälfte des Gesamtanstiegs ist auf die Zunahme der Prävalenz beim Prostatakrebs sowie beim weiblichen Brustkrebs zurückzuführen. Diskussion: Die geschätzte 5-Jahres-Prävalenzrate für Krebs gesamt stimmt gut mit internationalen Ergebnissen, etwa mit den vom finnischen Krebsregister veröffentlichten Zahlen überein. Bemerkenswert ist der starke Anstieg der absoluten Prävalenz in den letzten 20 Jahren, der die gestiegene Belastung des Gesundheitssystems in Deutschland durch Krebserkrankungen verdeutlicht. Zu diesem Anstieg haben neben teilweise gestiegenen Inzidenzraten verbesserte Überlebensaussichten und gerade bei den Männern vor allem demografische Entwicklungen beigetragen.