Gesundheitswesen 2010; 72 - P148
DOI: 10.1055/s-0030-1266655

Sentinel-Surveillance für Chlamydia trachomatis in Deutschland. Erste Daten aus der Pilotphase des Laborsentinels

P Stöcker 1, K Haar 1, V Bremer 1, U Marcus 1, O Hamouda 1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin

Hintergrund: Chlamydia trachomatis (CT)-Infektionen verlaufen häufig asymptomatisch und können zu schwerwiegenden Folgeerkrankungen führen. Nach dem Infektionsschutzgesetz sind CT-Infektionen in Deutschland nicht meldepflichtig. Ende 2002 wurde das STD-Sentinel initiiert, an dem sich bundesweit Gesundheitsämter, Fachambulanzen und niedergelassene Ärzte beteiligen. Seit Januar 2008 sollen Gynäkolog/innen allen Frauen unter 25 Jahren ein Chlamydienscreening anbieten. Bisher fehlt jedoch eine systematische, nationale Begleit-Surveillance, um die Anzahl der getesteten Frauen und entdeckten Infektionen zu erfassen. Durch ein begleitendes Laborsentinel sollen Untersuchungs- und Infektionszahlen im Rahmen des Chlamydienscreenings in der Allgemeinbevölkerung erhoben werden. Der Datenerhebung geht ein Pilottest im Stadtbezirk Hamburg-Altona voraus. Anschließend wird eine repräsentative Stichprobe von Laboren um vierteljährliche elektronische Übermittlung von Daten zu Testanlass, Erst- oder Wiederholungstest, Testergebnis, Testverfahren, Einzeltestung oder Pooling gebeten. Methoden: Zur Durchführung der Pilotstudie werden alle im Stadtbezirk Hamburg-Altona ansässigen mikrobiologischen Labore um Teilnahme gebeten. Ein Fragebogen erfasst Angaben zu Basisdaten wie Art des Labors (niedergelassener Laborarzt, Krankenhauslabor/Universität, Landesuntersuchungsamt), Art des verwendeten Nukleinsäure-Amplifikations-Tests, des Testsystems und – verfahrens (Pooling, Einzeltestung) sowie IT-Ausstattung. Anonymisierte Untersuchungsdaten der Patientinnen werden elektronisch an das RKI übermittelt. Diese umfassen: Alter, Anzahl der durchgeführten Tests, Anzahl der positiven Tests, Anzahl wiederholt erfolgter Chlamydientests und deren Positivenanteile. Die Angabe der Abrechungsziffer (Einheitlicher Bewertungsmaßstab) erschließt Testgründe der Patientinnen (Empfängnisregelung und Schwangerschaftsabbruch, Untersuchung gemäß Mutterschaftsrichtlinie, kurativer Grund). Ergebnisse: Geht man von einer flächendeckenden Anwendung des Screenings im Stadtteil Hamburg-Altona aus, kann die Anzahl der festgestellten Infektionen als Surrogatmarker für die Prävalenz in diesem Stadtteil gelten. Durch Vergleich mit den weiblichen Bevölkerungszahlen des Stadtbezirks ist zudem eine Abschätzungen des Anteils getesteter Patientinnen möglich. Ergebnisse des Pilotprojektes werden im Sommer 2010 erwartet. Schlussfolgerungen: Nach Abschluss der Pilotphase soll das Chlamydien-Screening-begleitende Laborsentinel belastbare Daten zur Prävalenz in der Allgemeinbevölkerung in Deutschland liefern und Aussagen über die regionale Verteilung sowie die Entwicklung der Untersuchungs- und Infektionsdaten im Zeitverlauf ermöglichen.