Gesundheitswesen 2010; 72 - P145
DOI: 10.1055/s-0030-1266652

Epidemiologie von Yersinia enterocolitica-Infektionen in Deutschland, 2001–2009

B Rosner 1, K Stark 1, D Werber 1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin

Hintergrund: Die Yersiniose, hervorgerufen durch Yersinia enterocolitica-Infektionen, ist die dritthäufigste bakterielle Zoonose in Deutschland. Die Infektion ist meldepflichtig und mehrere tausend Erkrankungen werden jährlich an das Robert Koch-Institut übermittelt. Folgeerkrankungen wie reaktive Arthritis und Erythema nodosum können auftreten. Der Verzehr von nicht-durchgegartem Schweinefleisch und Schweinefleischprodukten gilt als ein wichtiger Risikofaktor für die Erkrankung. Methoden: Nationale Surveillancedaten aus den Jahren 2001–2009 wurden im Hinblick auf den zeitlichen Verlauf, demografische und geografische Verteilungen, klinische Aspekte und Serotypen der übermittelten Infektionen analysiert. Ergebnisse: Im Zeitraum 2001–2009 wurden insgesamt 51.358 Yersiniosen an das RKI übermittelt, davon entfielen 35% auf Kinder unter 5 Jahren. Seit 2002 nimmt die Zahl der jährlich übermittelten Erkrankungen leicht ab. Die mittlere jährliche Inzidenz betrug 7 Erkrankungen/100.000 Einwohner. Die Inzidenz war bei Kindern unter 5 Jahren, vor allem bei Einjährigen, am höchsten (55 Erkr./100.000 Einw. bzw. 108 Erkr./100.000 Einw.). Saisonale Inzidenzunterschiede waren gering. Die meisten Y. enterocolitica-Infektionen traten sporadisch auf. Bei etwa 97% der Infektionen wurde als Infektionsland Deutschland angegeben. Die höchsten Inzidenzen wurden in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt verzeichnet. Inzidenzunterschiede zwischen den Bundesländern wurden vor allem durch Inzidenzunterschiede bei Kindern unter 5 Jahren verursacht. In 17% der übermittelten Fälle war die Erkrankung mit einer Hospitalisierung assoziiert. Der Anteil der hospitalisierten Fälle war bei Jugendlichen am höchsten. Fast 90% aller Y. enterocolitica-Infektionen wurden durch Serotyp O:3 verursacht. Der Anteil von Infektionen, die nicht durch Serotyp O:3 hervorgerufen wurden, war bei Erwachsenen über 40 Jahren höher als bei jüngeren Personen. Schlussfolgerungen: Y. enterocolitica-Infektionen sind lebensmittelbedingte Erkrankungen von Public-Health-Relevanz in Deutschland, da die Inzidenz im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hoch ist und Folgeerkrankungen auftreten können. Kleinkinder sind am häufigsten betroffen. Daher sind besonders in dieser Altersgruppe Untersuchungen zu Risikofaktoren wichtig. Eine Fall-Kontroll-Studie, die Risikofaktoren für sporadische Yersiniosen in verschiedenen Altersgruppen untersucht, wird zurzeit am RKI durchgeführt.