Gesundheitswesen 2010; 72 - P134
DOI: 10.1055/s-0030-1266641

Morbidität und gesundheitliche Lebensqualität von Frauen und Männern drei Jahre nach erstem Herzinfarkt. Ergebnisse einer Follow-up-Studie mit Patienten aus der kardiologischen Rehabilitation

U Härtel 1, G Klein 2
  • 1Ludwig-Maximilians-Universität München, München
  • 2Klinik Höhenried, Bernried

Hintergrund: Geschlechtsspezifische Unterschiede im langfristigen Verlauf nach Herzinfarkt wurden in Deutschland bisher kaum untersucht. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit Unterschieden zwischen Männern und Frauen im Auftreten von Rezidiven, weiteren kardiologischen Erkrankungen, der Häufigkeit von invasiven Maßnahmen sowie der subjektiven Lebensqualität 3 Jahre nach erstem akuten Koronarereignis. Methoden: Prospektive Studie mit 309Männer und 201 Frauen (Alter bis 75 Jahre) nach erstem Herzinfarkt, die zu Beginn und am Ende der stationären Anschlussheilbehandlung (AHB) sowie 18 Monate und 3 Jahre nach Entlassung aus der AHB standardisiert untersucht und befragt wurden. Ergebnisse: An der standardisierten Wiederholungsbefragung drei Jahre nach Entlassung aus der AHB nahmen 90% (von 510 Patienten) der Ausgangsstichprobe teil. Die Herzinfarkt-Rezidivrate lag bei jüngeren Frauen (unter 65) mit 6% höher als bei gleichaltrigen Männern (3,6%), allerdings statistisch nicht signifikant. Signifikant häufiger als Männer waren Frauen (altersadjustiert) wegen anderer Herz-Kreislaufprobleme (z.B. Angina pectoris, Blutdruckprobleme) in stationärer Behandlung. Auch als Hauptgrund für den letzten Krankenhausaufenthalt gaben Frauen häufiger als Männer eine Herzkreislauferkrankung an (51% der Frauen, 40% der Männer, p=0,08). Invasive Maßnahmen (Herzkatheter und Angioplastik) wurden bei Männern und Frauen im Follow-up etwa gleich häufig durchgeführt, PTCA/Stent bei Frauen tendenziell seltener. Die bereits während der stationären AHB (altersadjustiert) signifikant schlechtere physische und psychische Befindlichkeit von Frauen setzte sich auch im Langzeitverlauf fort. Dies gilt sowohl für den allgemeinen Gesundheitszustand als auch für die Summe körperlicher Beschwerden (von Zerssen-Beschwerdenliste), die psychische Funktionsfähigkeit (SF12) und die Häufigkeit depressiver Symptome (HADS-Skala). Dem entsprechend hatten Frauen auch ein signifikant schlechteres subjektives Leistungsvermögen. mehr funktionelle Probleme bei Alltagsaktivitäten und einen höheren Bedarf an praktischer Unterstützung. Schlussfolgerungen: Mitbedingt durch die höhere Multimorbidität fanden sich bei Frauen in allen Phasen der kardiologischen Rehabilitation mehr körperliche Beschwerden, eine geringere subjektive Lebensqualität und ein höherer Unterstützungsbedarf verglichen mit Männern. Diese müssten in der langfristigen Sekundärprävention stärker berücksichtigt werden als bisher.