Gesundheitswesen 2010; 72 - P80
DOI: 10.1055/s-0030-1266587

Einflussfaktoren auf die Entwicklung einer Pflegebedürftigkeit nach Schlaganfall – Ergebnisse aus dem Münsteraner und Dortmunder Schlaganfallregister

K Mühlenbruch 1, C Diederichs 1, P Heuschmann 2, K Berger 1
  • 1Universitätsklinikum Münster, Münster
  • 2Charité Universitätsmedizin Berlin, Berlin

Hintergrund: In den westlichen Industrieländern ist der Schlaganfall aufgrund seiner hohen Prävalenz und erheblichen Auswirkungen auf die betroffenen Menschen einer der häufigsten Ursachen für Behinderung und Pflegebedürftigkeit. Es fehlen bislang jedoch Informationen darüber, welche Faktoren sich auf das langfristige Risiko einer Pflegebedürftigkeit bei Schlaganfallpatienten auswirken. Das Ziel der Studie ist es daher, den Zusammenhang zwischen den Einflussfaktoren Alter, Geschlecht, Grad der Funktionseinschränkungen und Bewältigung von Alltagsfunktionen bei Krankenhausentlassung und der späteren Antragsstellung auf Pflegebedürftigkeit und einer Bewilligung in einem Zeitraum von drei Jahre nach dem Ereignis zu untersuchen. Methoden: Die Daten stammen von 2.286 Patienten aus dem Münsteraner und Dortmunder Schlaganfallregister, die zwischen 2001 und 2006 aufgrund eines Schlaganfalls stationär behandelt wurden. Bei der Entlassung aus dem Krankenhaus wurden soziodemographische Angaben, der Grad der körperlichen Einschränkung (Rankin-Skala) und grundlegende Alltagsfunktionen (Barthel-Index) erhoben. Daten zur Antragsstellung und Bewilligung von Pflegeversicherungsleistungen wurden in einem standardisierten Fragebogen im 36-Monats-Follow-Up erfasst. Ergebnisse: Das Risiko, innerhalb von 3 Jahren einen Antrag auf Pflegeleistungen zu stellen, ist mit steigendem Alter (OR: 1,03; 95%-KI: 1,01–1,06) und weiblichem Geschlecht (OR 2,02; 95% KI: 1,27–3,23) assoziiert. Im Vergleich zu Patienten mit keinen oder geringen Funktionseinschränkungen bei Entlassung aus dem Krankenhaus ist das Risiko bei mittleren Einschränkungen um das 2,2-fache (95%-KI: 1,16–4,12) und bei schweren Einschränkungen um das 17,6-fache (95%-KI: 7,52–41,16) erhöht. Patienten mit einem niedrigen Barthel-Score (BI ≤49) hatten eine mehr als 11 Mal so hohe Wahrscheinlichkeit (OR: 11,76; 95%-KI: 4,82–28,66) einen Antrag zu stellen. Ein Zusammenhang zwischen den untersuchten Einflussvariablen und der Antragsbewilligung konnte nicht gezeigt werden. Diskussion: Neben dem Geschlecht der Patienten haben vor allem der Grad der Funktionseinschränkungen und die Bewältigung von Alltagsfunktionen bei der Entlassung aus dem Krankenhaus einen signifikanten Einfluss darauf, ob Schlaganfallpatienten innerhalb von 3 Jahren Leistungen aus der Pflegeversicherung beantragen.