Gesundheitswesen 2010; 72 - P2
DOI: 10.1055/s-0030-1266510

Angemessenheit der Inanspruchnahme von Rettungsstellen – Vergleich zwischen drei Berliner Innenstadtkliniken im ehemaligen Ostteil und Westteil der Stadt Berlin

D Lange 1, E Hajiloueian 2, M David 3, T Borde 4, B Babitsch 5
  • 1Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin
  • 2Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin
  • 3Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum, Berlin
  • 4Alice-Salomon-Hochschule, Berlin
  • 5Berlin School of Public Health an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin

Einleitung/Hintergrund: Inanspruchnahme von Notfallambulanzen und insbesondere deren Angemessenheit ist im internationalen Kontext intensiv untersucht worden. Für Deutschland liegen nur wenige Daten vor. Im Rahmen der Studie zur Inanspruchnahme von klinischen Notfallambulanzen wurde untersucht, ob Unterschiede bei der Angemessenheit der Inanspruchnahme zwischen dem ehemaligen Ostteil und Westteil der Stadt Berlin festzustellen sind. Darüber hinaus wurde der Einfluss von Geschlecht und Alter berücksichtigt. Material und Methoden: Die Daten stammen aus einer Querschnittsstudie und wurden zwischen 11/2006 und 3/2007 in internistisch/gynäkologischen Rettungsstellen in drei großen Berliner Innenstadtkliniken erhoben. Insgesamt liegen 3.591 Daten aus den Rettungsstellenscheinen vor. Zur Messung der Angemessenheit der Inanspruchnahme wurde ein Index konzipiert, der folgende vier Kriterien umfasste: Nutzung des Rettungs- und Transportwesens, Durchführung von nur im Krankenhaus vorgehaltener Diagnostik, Durchführung von nur im Krankenhaus vorgehaltenen therapeutischen Maßnahmen und stationäre Aufnahme. Ergebnisse: Insgesamt wurden die Kriterien einer angemessenen Inanspruchnahme von 33% der Patienten/innen erfüllt. Die multivariate Analyse hat ergeben, dass Alter (AOR: 1,049; p-Wert:0,000), männliches Geschlecht (AOR: 1,521; p-Wert:0,000) sowie ein aktueller Wohnort im ehemaligen Ostteil der Stadt Berlin (AOR:1,362; p-Wert: 0,001) signifikante Prädiktoren für eine angemessene Inanspruchnahme von Rettungsstellen sind. Hingegen stellten die Beschwerdedauer bis zum Aufsuchen der Rettungsstelle, der Zeitpunkt der Inanspruchnahme sowie die Nähe des Wohnorts der Patienten/innen zur Klinik keine signifikanten Einflussgrößen dar. Diskussion/Schlussfolgerungen: Steigendes Alter, männliches Geschlecht sowie ein aktueller Wohnort im ehemaligen Ostteil der Stadt Berlin sind mit einer signifikant höheren Wahrscheinlichkeit einer angemessenen Inanspruchnahme assoziiert. Jedoch sind zwei Drittel der Inanspruchnahmen nach unseren Kriterien als nicht angemessen einzustufen: Hier ist sicherlich Aufklärungsbedarf zu konstatieren. Allerdings besteht weiterer Forschungsbedarf, mit welchem die Motive der Inanspruchnahme sowie ggf. vorhandene Versorgungslücken identifiziert werden können.