Gesundheitswesen 2010; 72 - V302
DOI: 10.1055/s-0030-1266508

Auswirkungen einer Grippewelle auf stationäre Behandlungsfälle im Krankenhaus

U Nimptsch 1, T Mansky 1
  • 1TU Berlin, Berlin

Hintergrund: Für den Winter 2008/2009 zeigten die Indizes der Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) am Robert-Koch-Institut einen im Vergleich zur Vorsaison ausgeprägteren Anstieg der Grippeaktivität. Parallel dazu war im medizinischen Controlling der Helios Kliniken eine Fallzahlsteigerung bei stationär behandelten Pneumoniepatienten sowie bei COPD-Patienten aufgefallen. Wir gehen der Frage nach, inwieweit der Fallzahlanstieg bei den stationären Fällen mit den Influenzaindizes korrespondiert. Methode: Untersuchungsbasis sind 35 Akutkliniken der Helios Kliniken Gruppe. Für die Perioden 2007/2008 und 2008/2009 werden alle stationären Aufnahmen mit der Hauptdiagnose Pneumonie, sowie Aufnahmen mit Hauptdiagnose COPD bezogen auf das Aufnahmedatum nach Kalenderwochen gezählt. Betrachtet werden Gesamtfallzahlen und die Krankenhaussterblichkeit nach Altersgruppen. Der Fallzahlverlauf wird mit dem Praxisindex für akute respiratorische Erkrankungen der AGI verglichen. Ergebnisse: In der Saison 2008/2009 zeigt sich in den Helios Kliniken etwa zwischen der 52. und der 7. Kalenderwoche eine deutlich höhere Pneumoniefallzahl. Dieser Gipfel verläuft nahezu parallel zum Gipfel im ARE-Praxisindex der AGI. Im Vergleich dazu verlaufen die Kurven der Saison 2007/2008 flacher. Im Epidemiezeitraum 2008/2009 (Praxisindex >115 in der 49. bis 13. Kalenderwoche) wurden in den einbezogenen 35 Kliniken 3.231 Pneumoniepatienten behandelt, im entsprechenden Zeitraum der Periode 2007/2008 dagegen 2582. Die Exzessfallzahl beträgt 649 Fälle (+ 25%). Vergleicht man die relative Krankenhaussterblichkeit in den beiden Perioden, so findet sich kein signifikanter Unterschied (SMR 0,98 [95% KI 0,85–1,12]). Absolut gesehen sind jedoch im Epidemiezeitraum der Periode 2008/2009 infolge der höheren Fallzahl 44 zusätzliche Todesfälle aufgetreten. Ähnliche Ergebnisse zeigen sich bei Betrachtung der stationären COPD-Fälle. Schlussfolgerung: Es ist zu vermuten, dass sich die saisonale Grippewelle im Winter 2008/2009 insbesondere in einer erhöhten Anzahl stationär behandlungsbedürftiger Pneumonien sowie auch in einer höheren Zahl von stationär behandelten COPD-Fällen widerspiegelt. Informationen aus meldeabhängigen Registern können ex post durch Auswertung der routinemäßig erhobenen Krankenhausabrechnungsdaten ergänzt werden. Bei Betrachtung der vollständigen Daten für Deutschland könnte z.B. die Exzesssterblichkeit infolge einer Grippewelle wenigstens zum Teil geschätzt werden.