Gesundheitswesen 2010; 72 - V291
DOI: 10.1055/s-0030-1266497

Konstruktion und Validierung eines allgemeinen Index für die Arbeitsbelastung in beruflichen Tätigkeiten auf Basis von ISCO-88 und KldB-92

L Kroll 1
  • 1Robert Koch-Institut, Berlin

Hintergrund: Zur Analyse der gesundheitlichen Folgen von Arbeitsbelastungen stehen zwar viele differenzierte Instrumente zur Verfügung, es mangelt allerdings für Deutschland an allgemeinen Proxy-Indikatoren zur Bewertung der relativen physischen und psychosozialen Arbeitsbelastung in beruflichen Tätigkeiten, die in (sozial-)epidemiologischen Studien verwendet werden können. In diesem Beitrag werden zusammenfassende Skalen zur allgemeinen, physischen und psychosozialen Arbeitsbelastung (ABges, ABphy, ABpsy) für die Berufsklassifikationen KldB-1992 und ISCO-88 entwickelt und validiert. Methode: Auf Basis der BiBB/BAuA Erwerbstätigenbefragung 2006 wurden 39 Indikatoren für verschiedene Arbeitsbelastungen zu drei standardisierten Scores (allgemeine, physische und psychosoziale Arbeitsbelastung) zusammengefasst. Die Skalenwerte wurden anhand des Verfahrens der Mehrebenenanalyse (lineares hierarchisches Modell, random intercept) in einem dreistufigen Verfahren beruflichen Tätigkeiten zugeordnet (2-, 3- und 4-stellige Klassifikation nach KldB-92 und ISCO-88). Der Index wird auf Basis der KldB92 der Erwerbstätigenbefragung 2006 und des Mikrozensus 2005 zugespielt und anhand von jeweils zwei Gesundheitsindikatoren (EWT2006: Allg. Gesundheitszustand, Beschwerden nach der Arbeit; MZ2005: Krankheit oder Unfallverletzung i.d.l. 4 Wochen, aktuelles Rauchen) anhand von logistischen und Poisson Regressionsmodellen validiert. Ergebnisse: Nach Kontrolle für Alter, Geschlecht, geringfügiger und Teilzeitbeschäftigung sowie die Dauer der Beschäftigung in der aktuellen Tätigkeit zeigt sich eine beträchtliche Variation der allgemeinen Arbeitsbelastung über die Berufe (rho=0,3 für die zweite Stelle der KldB92; für die dritte Stelle 0,08 und für die vierte Stelle 0,07). Die Variation ist für physische Belastungen stärker als für psychosoziale und kommt bei der Klassifikation KldB-92 stärker zum Tragen als bei ISCO-88. Der resultierende Index erweist sich als aussagekräftiger Prädiktor der vier Gesundheitsindikatoren. Der Relative Index of Inequality (RII) beträgt beim allg. Gesundheitszustand nach Kontrolle für Bildung (EWT2006) 1,5 bzw. 2,0 bei Männern und Frauen und beim Rauchen (MZ2005) 1,8 bzw. 1,5. Diskussion: Insgesamt erweist sich der Index als aussagekräftiger Prädiktor gesundheitsrelevanter Beanspruchungen. Die Skala bietet sich damit an, um in Studien in denen Arbeitsbelastungen nicht direkt erhoben werden können, als Proxy-Indikator für Arbeitsbelastungen verwendet zu werden.