Gesundheitswesen 2010; 72 - V249
DOI: 10.1055/s-0030-1266451

Assoziation sozioökonomischer Faktoren mit Inzidenz und Progression chronischer phlebologischer Erkrankungen

M Lönnies 1, B Hoffmann 1, E Bock 1, S Hertel 1, A Viehmann 1, K Jöckel 1, F Pannier 2, A Ko 2, G Berboth 2, E Rabe 2
  • 1Institut für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Universitätsklinikum Essen, Essen
  • 2Klinik für Dermatologie, Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Bonn

Hintergrund: Chronische Venenenkrankungen gehören zu den häufigsten Krankheitsbildern in industrialisierten Län-dern. Bis heute existieren keine Daten, die den Zusammenhang zwischen sozioökonomischen Faktoren und der Inzidenz sowie der Progression phlebologischer Erkrankungen analysieren. Material und Methoden: Daten einer Nachuntersuchung von N=1978 Probanden der Bonner Venenstudie wurden verwendet. Eine Zufallsstichprobe von Personen im Alter von 18–79 Jahren der Stadt Bonn und umliegenden Gemeinden wurde zur Basiserhebung im Jahr 2000 gezogen. Chronische Venenerkrankungen wurden mit der CEAP-Klassifikation diagnostiziert, wobei die CVI als Stadium C3-C6 definiert ist. Eine Varikosis liegt als Stadium C2-C6 in Verbindung mit mindestens einer Veränderung an subkutanen Venen in der anatomischen Klassifikation und einer primären Ausprägung in der Äthiologischen Klassifikation vor. Vewendete sozioökonomische Faktoren sind die Schulbildung/Berufsausbildung und das Haushaltsnet-toeinkommen. Die Progression ist als Anstieg im klinischen Score und als Anstieg im C-Stadium defi-niert, wobei ein Veränderung von C4a nach C4b sowie C5 nach C6 nicht als Progression gewertet wird. Die Assoziation wird mittels altersadjustierter relativer Risiken dargestellt. Ergebnisse: Die Response der Nachuntersuchung betrug 84,6%. Die Analyse beruht auf 1656 Probanden ohne eine CVI und 1528 ohne eine Varikosis zum Zeitpunkt der Basisuntersuchung und auf einen Betrachtungs-zeitraum von durchschnittlich 6,6 Jahren. Die altersadjustierte Inzidenz der CVI betrug 13% (95%-KI 11%-15%), die der Varikosis 14% (95%-KI 11%-16%). Das adjustierte relative Risiko der Inzidenz einer CVI bzw. einer Varikosis war bei Probanden mit einer geringen Bildung 1,7 (95%-KI: [1,3; 2,2]) bzw. 1,4 (95%-KI: [1,1; 1,7]) mal so hoch, bei Probanden mit einer mittleren Bildung 1,1 (95%-KI: [0,8; 1,4]) bzw. 1,2 (95%-KI: [0,7; 1,8]) mal so hoch wie bei Pro-banden mit einer hohen Bildung, welche als Referenz dienten. Die relativen Risiken von Haushaltsnettoeinkommen und Inzidenz sowie Progression zeigten ähnliche Trends. Diskussion: Unabhängig von der Betrachtung der Einzelfaktoren zeigen sich Hinweise auf eine schwache negative Assoziation sozioökonomischer Faktoren mit Inzidenz und Progression chronisch-phlebologischer Krankheitsbilder.