Gesundheitswesen 2010; 72 - V243
DOI: 10.1055/s-0030-1266439

Vergleichsgruppenbildung mittels Routinedaten – Notwendigkeit der Identifikation von geeigneten Matchingkriterien am Beispiel der Evaluation eines neuen Versorgungsmodells für Patienten mit Schizophrenie

D Matusiewicz 1, S Mostardt 1, J Wasem 1, A Neumann 1
  • 1Lehrstuhl Medizinmanagement, Universität Duisburg-Essen, Essen

Hintergrund: In der Versorgungsforschung liegt häufig ein Untersuchungsdesign ohne parallele Vergleichsgruppe zu Grunde. Hier ergibt sich die Schwierigkeit, den Effekt einer optimierten Versorgung auf die Outcomeparameter zuverlässig zu ermitteln. Daher werden immer häufiger Sekundärdaten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zur Bildung einer Vergleichsgruppe verwendet. Bewährte Methoden zur Erreichung der Vergleichbarkeit zweier Gruppen sind dabei verschiedene Matchingverfahren. In diesem Zusammenhang müssen bei Studien mit fehlender Vergleichsgruppe im Vorfeld geeignete Kriterien im Hinblick auf den Outcomeparameter zur Vergleichsgruppenbildung ausgewählt werden. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Identifikation von Prädiktoren für die Rehospitalisierung bei Schizophrenie-Patienten als Matchingkriterien zur Vergleichsgruppenbildung auf Basis von GKV-Routinedaten. Methoden: Anhand einer systematischen Literaturrecherche in den medizinischen Datenbanken Medline und Embase wurden Prädiktoren identifiziert, die einen wesentlichen Einfluss auf Rehospitalisierungen (Outcomeparamter bei der Evaluation eines neuen Versorgungsmodells für Patienten mit Schizophrenie) haben. Die ermittelten Einflussfaktoren sollen als Zuordnungskriterien für die Kontrollgruppenbildung mit der Matched-Pairs-Technik dienen. Mithilfe dieses statistischen Verfahrens sollen aus einer potentiellen Vergleichsgruppe diejenigen Patienten ausgewählt werden, die eine bestmögliche Vergleichbarkeit mit der Interventionsgruppe aufweisen. Ergebnisse: Auf Basis der Literaturrecherche konnten in 39 eingeschlossen Publikationen insgesamt 25 Prädiktoren für die Rehospitalisierung bei Schizophrenie identifiziert werden. Die Prädiktoren lassen sich in die folgenden sechs Gruppen einteilen: Individuelle Patientenmerkmale, Krankheitsmerkmale, Medikamente, sozio-ökonomische Variablen, Verlauf in ambulanter sowie in stationärer Behandlung. Anhand dieser identifizierten Kriterien kann der Interventionsgruppe eine vergleichbare Gruppe unter weitgehendem Ausschluss von konfundierenden Faktoren zugeordnet werden. Diskussion/Schlussfolgerung: GKV-Routinedaten weisen unter Beachtung der Spezifika von Sekundärdaten für die Vergleichsgruppenbildung ein hohes Potential auf. Dabei ist eine vorgelagerte literaturgestützte Identifikation von geeigneten Matchingkriterien notwendig. Dennoch ist zu beachten, dass Routinedaten für die Vergleichsgruppenbildung Grenzen aufweisen, da GKV-Routinedaten primär zur Leistungsabrechnung erhoben werden und Parameter zum Krankheitsverlauf, zur Schwere der Erkrankung oder zur Lebensqualität nicht oder nur rudimentär abgebildet sind.