Gesundheitswesen 2010; 72 - V239
DOI: 10.1055/s-0030-1266435

Welche Sekundärdaten neben denen der Gesetzlichen Krankenversicherung gibt es noch für die Versorgungsforschung?

E Swart 1
  • 1Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg

Hintergrund: Wenn über die Nutzung von Sekundärdaten für die Versorgungsforschung diskutiert wird, werden meist nur die Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherung thematisiert. Jedoch gibt es weitere potenziell nutzbare Datenquellen, die bislang weniger gut bekannt und erschlossen sind. Methoden: Datenquellen anderer Sozialversicherungsträger, der kassenärztlichen Vereinigungen, der amtlichen Statistik und anderer Dateneigner werden vorgestellt und hinsichtlich ihrer Potenzials und Nutzbarkeit für die Versorgungsforschung bewertet. Die Kriterien dieser Bewertung sind u.a. Zugangsmöglichkeit, Vollständigkeit, Aktualität, Validität und Verknüpfbarkeit mit anderen Datenquellen. Die Daten werden anhand einer Studie zur kleinräumigen Versorgungsforschung näher erläutert. Ergebnisse: Die Potenziale der GKV-Routinedaten aber auch deren Grenzen, z.B. deren Begrenzung auf Versicherte einer Kasse, dürfen als weitgehend bekannt vorausgesetzt werden. Neue Perspektiven ergibt die Nutzung der Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigungen, die sich auf Kontakte aller gesetzlich versicherten Patienten beziehen. Schwierigkeiten entstehen dabei aber z.B. an den Bundesländer-Grenzen mit länderüberschreitender ambulanter Inanspruchnahme. Daten aus dem stationären Bereich liefert auch die amtliche Krankenhausdiagnosestatistik, die aber lediglich einen Fallbezug aufweist. Die Nutzung dieser Daten über die Forschungsdatenzentren der statistischen Ämter erweist sich aufgrund formaler Bestimmungen als sehr zeitaufwändig. GKV- und KV-Daten lassen sich kleinräumig nach Postleitzahlbereichen aufbereiten, was wiederum amtliche Statistiken, die Angaben zu soziodemographischen Determinanten der Inanspruchnahme liefern, nicht vermögen. Amtliche Daten unterhalb der Landkreisebene liegen nur begrenzt vor, eine Auflösung nach PLZ-Bereichen erfolgt dabei nicht. Hier wiederum helfen zur Bestimmung der Nennerbevölkerung (kostenpflichtige) Datenbanken kommerzieller Anbieter. Die Verknüpfbarkeit der Datenkörper erweist sich aufgrund unterschiedlicher Bezugssysteme und -zeiträume als nicht trivial. Fazit: Eine Verkürzung der Sekundärdatenanalyse auf die Nutzung von Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherung unterschätzt das Potenzial vieler anderer Datenquellen. Bei konkreten Projekten der Versorgungsforschung sollten daher nicht nur Daten der GKV als potenzielle Sekundärdaten ins Auge gefasst werden.