Gesundheitswesen 2010; 72 - V230
DOI: 10.1055/s-0030-1266422

Zwei Geburtsjahrgänge mit angeborenen Herzfehlern in Deutschland: Erfassung – Zahlen – Assoziationen

G Schwedler 1, A Lindinger 2, A Lux 3, H Hense 4
  • 1Deutsches Herzzentrum Berlin – Kompetenznetz Angeborene Herzfehler, Berlin
  • 2Klinik für Pädiatrische Kardiologie, Universitätsklinikum Homburg/Saar
  • 3Institut für Biometrie und Med. Informatik, Otto-von Guericke-Universität, Magdeburg
  • 4Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin, Universitätsklinikum Münster

Einleitung: Angeborene Herzfehler (AHF) sind die häufigsten angeborenen Organfehlbildungen, für die jedoch aktuelle bevölkerungsbezogene Zahlen in Deutschland fehlen. Deshalb werden im Rahmen der PAN-Studie (Prävalenz angeborener Herzfehler bei Neugeborenen in Deutschland) mehrere Geburtsjahrgänge mit AHF bundesweit erfasst. Material und Methoden: Neugeborene mit AHF werden kontinuierlich von pädiatrisch-kardiologischen Einrichtungen via Internet in einer zentralen Studiendatenbank registriert. Die Erfassung für zwei Geburtsjahrgänge ist nun abgeschlossen. Ergebnisse: Insgesamt nehmen 281 Einrichtungen an der Erfassung teil. Im ersten Geburtsjahrgang (07/2006 bis 6/2007) ergibt sich eine AHF-Gesamtprävalenz von 107,3 pro 10.000 Lebendgeborene in Deutschland. Im zweiten Geburtsjahrgang (07/2007 bis 06/2008) wird ein Rückgang der ermittelten Prävalenz bei leichten und mittelschweren AHF beobachtet. Bei schweren AHF, die zu 80% von Kliniken/Abteilungen für Kinder- und Jugendkardiologie/Angeborene Herzfehler registriert wurden, bleibt die ermittelte Prävalenz jedoch mit 12,7 bzw. 12,4 pro 10.000 Lebendgeborene stabil. Die häufigsten schweren AHF sind Singuläre Ventrikel, Fallot'sche Tetralogie, Transposition der großen Arterien und „Double Outlet Right Ventricle“ mit 2,8, 2,6, 2,4 bzw. 1,1 pro 10.000 Lebendgeborene. Der Mädchenanteil bei schweren AHF beträgt 39,0%. Chromosomenanomalien treten am häufigsten bei Kindern mit artrioventrikulärem Septumdefekt auf (63,7%). Nach Angaben der Eltern werden 12,7% aller AHF präpartal diagnostiziert, bei schweren Herzfehlern liegt diese Rate bei 43,3%. Neugeborene mit schweren AHF haben gegenüber denen mit leichten AHF ein erhöhtes Risiko, als „small for gestational age“ (SGA) geboren zu werden (OR 1,75, 95%-KI 1,47–2,10). Regionale Prävalenzunterschiede bei schweren Herzfehlern zeigen einen leichten, jedoch nicht signifikanten Zusammenhang mit der medizinisch induzierten Abortrate (Spearman-Korrelationskoeffizient –0,308). Schlussfolgerung: Prävalenz und Assoziationen schwerer AHF zweier Geburtsjahrgänge aus Deutschland entsprechen aktuellen internationalen Vergleichsdaten. Die präpartale Diagnostik schwerer AHF scheint dagegen verbesserungswürdig. Ursachen für ein erhöhtes SGA-Risiko sollten mit analytischen Studien untersucht werden. gefördert vom BMBF (FKZ 01GI0601)