Gesundheitswesen 2010; 72 - V199
DOI: 10.1055/s-0030-1266380

10 Jahre Prävention im Gemeinsamen Bundesausschuss – methodische Analyse der Beschlüsse im Zeitraum vom 01.01.2000 bis 31.12.2009

H Bertelsmann 1, K Matthias 2, M Perleth 2
  • 1Fachhochschule der Diakonie, Bielefeld/Bethel
  • 2Gemeinsamer Bundesausschuss, Berlin

Einleitung: Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist ein Gremium der Gemeinsamen Selbstverwaltung mit Vertretern von Ärzten, Krankenkassen und Patienten. Die Bewertung von Leistungen der Früherkennung im G-BA erfolgt standardisiert mit den Methoden der Evidenzbasierten Medizin (EbM). Material und Methoden: Es erfolgte eine Analyse aller Beschlüsse von Entscheidungen zur Kostenübernahme von Früherkennungsuntersuchungen im Rahmen von verschiedenen Richtlinien des G-BA im Zeitraum vom 1.1.2000 bis 31.12.2009. Nicht bewertet wurden Beschlüsse zu Schutzimpfungen und Beschlüsse zur zahnärztlichen Prophylaxe. Ergebnisse: Insgesamt konnten 14 Beschlüsse analysiert werden, die sich überwiegend mit Methoden der Sekundärprävention beschäftigten. In 10 Jahren hat der G-BA neun Methoden der Früherkennung neu in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen bzw. bestehende Leistungen adaptiert. Abgelehnt wurden fünf Methoden, da nach Ansicht des G-BA für wesentliche Aspekte valide Daten fehlten. Bei den sechs neu eingeführten Maßnahmen lagen Screeningstudien zum medizinischen Nutzen auf Evidenzstufe I (2 Methoden), Evidenzstufe II (eine Methode), und Evidenzstufe IV (eine Methode) vor. Für zwei weitere Methoden lagen keine ausreichenden Informationen über den Ablauf der Nutzenbewertung vor. Nur bei einer Maßnahme, dem Mammografiescreening, sieht der G-BA ein organisiertes Screeningprogramm vor. Für sechs Methoden hat der G-BA ein Merkblatt als Beratungsgrundlage für Patienten und Ärzte konzipiert. Diskussion: Früherkennungsuntersuchungen als Maßnahmen der Sekundärprävention haben in den letzten Jahren zunehmend gesundheitspolitische Bedeutung erlangt. Dies führt bis hin zur Idee der finanziellen Bestrafung von Patienten, die nicht an angebotenen Screeningmaßnahmen teilgenommen haben (§62 Sozialgesetzbuch V). Die Zusammenstellung der in den letzten 10 Jahren im G-BA beratenden Screeningmethoden zeigt ein uneinheitliches Bewertungsverfahren, wobei der Public Health Nutzen der Untersuchungen nicht ausreichend thematisiert wird. Derzeit werden im Rahmen des G-BA acht weitere Früherkennungsmaßnahmen beraten. Die Weiterentwicklung der Bewertungsverfahren für Untersuchungen der Sekundärprävention ist eine wichtige Aufgabe der zukünftigen EBM.