Gesundheitswesen 2010; 72 - V185
DOI: 10.1055/s-0030-1266366

Machbarkeit eines Record Linkage mit pseudonymisierten Daten in einer Studie zu Pflegeleistungen bei Krebspatienten

J Breckenkamp 1, J Spallek 2, W Schwabe 3, H Hense 4, K Kraywinkel 5, O Razum 1
  • 1Universität Bielefeld, Bielefeld
  • 2Universität Bremen, Bremen
  • 3MDK Westfalen-Lippe, Münster
  • 4Universität Münster, Münster
  • 5Robert Koch-Institut, Berlin

Einleitung: Zur Pflegebedürftigkeit von Krebspatienten in Deutschland liegen bisher keine repräsentativen Daten vor. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung dokumentiert zwar Haupt- und Nebendiagnose für die Pflegebedürftigkeit in den betreffenden Gutachten, allerdings kann auch eine Krebserkrankung vorliegen, die nicht die Pflege begründen muss. Daher kann die Verwendung von MDK-Diagnosen zu einer Unterschätzung der Krebsfälle insgesamt führen. Ein Record Linkage mit Krebsregisterdaten könnte diesen Nachteil beheben. Material und Methoden: Pseudonymisierte Daten des Epidemiologischen Krebsregisters NRW (EKR-NRW) und des MDK Westfalen-Lippe (MDK-WL) 2004–2008 wurden mittels halbautomatischem probabilistischem Record Linkage verlinkt. Die persönlichen Daten der Patienten wurden direkt beim MDK-WL durch eine Meldesoftware verschlüsselt und über eine Sicherheitsverbindung an die Pseudonymisierungsstelle der Kassenärztlichen Vereinigung gesendet und überverschlüsselt. Der Datenabgleich erfolgte im Krebsregister anhand der pseudonymisierten Daten. Das Vorgehen entspricht damit dem einer üblichen Meldung an das Krebsregister. Anhand einer im MDK-WL generierten ID, die als zusätzliche Variable mitgeführt wurde, konnten Pflegebedürftige mit und ohne Meldung im Krebsregister identifiziert werden. Vom MDK-WL wurden Daten für alle Meldungen im Register (N=21.595 brutto) und für eine Stichprobe von N=21.584 (brutto) aus den N=80.754 nicht Gemeldeten zur Verfügung gestellt. Ergebnisse: Für jeden Pflegebedürftigen liegen 1–10 Gutachten des MDK-WL vor (Mittelwert 1,7; Median 1,0). Zu Auswertungszwecken stehen Daten von 21.324 Patienten mit Krebs (34.127 Gutachten) und 21.429 Patienten ohne Krebs (37.481 Gutachten) zur Verfügung. Bei Patienten ohne Krebs wird häufiger kein Pflegebedarf festgestellt: 22,2 vs. 16,5% (Medianalter zum Zeitpunkt des jeweils aktuellsten Gutachtens: 79 vs. 77 Jahre). Nur bei 10.175 Patienten (47,7%), die im Register identifiziert wurden, ist Krebs (in zumindest einem MDK-Gutachten) die pflegebegründende Hauptdiagnose. Diskussion/Schlussfolgerung: Ein probabilistisches Record Linkage mit pseudonymisierten Daten des EKR-NRW und des MDK-WL ist machbar. Damit wird es möglich, den Pflegebedarf bei Patienten mit der Diagnose Krebs zu quantifizieren.