Gesundheitswesen 2010; 72 - V166
DOI: 10.1055/s-0030-1266346

Probleme der Bewertung von Frailty in epidemiologischen Studien

A Zimmermann 1, S Baumeister 2, E Grill 3, B Thorand 1, A Döring 1
  • 1Institut für Epidemiologie, Helmholtz Zentrum München, Neuherberg
  • 2Institut für Community Medicine, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Greifswald
  • 3Institut für Gesundheits- und Rehabilitationswissenschaften, Ludwig-Maximilians-Universität München, München

Hintergrund: Frailty ist ein vorwiegend altersassoziiertes Syndrom, das sich durch verringerte physiologische Reserven und Leistungen sowie Defizite wie beispielsweise Gang- und Gleichgewichtsstörungen auszeichnet. Die Erhebung von Frailty kann jedoch einem Selektionsbias unterliegen, wenn das Studiendesign nur Besuche in einem Studienzentrum vorsieht. Im Studienzentrum besteht die Möglichkeit, Untersuchungen durchzuführen die bei Hausbesuchen nicht möglich sind. Probanden die das Studienzentrum aufsuchen können, sind in der Regel rüstiger als Probanden die zu Hause besucht werden müssen. Für die korrekte Erfassung von Frailty bei Hausbesuchen wurde daher eine modifizierte Definition von Frailty entwickelt. Methodik: Die Studienpopulation bestand aus 1079 Studienteilnehmern der KORA-Age Kohorte im Alter von 65 bis 94 Jahren. Im Studienzentrum konnten 963 der Teilnehmer interviewt und untersucht werden. Für die Frailty Definition wurden die folgenden Kriterien verwendet: Gewichtsverlust in den letzten 6 Monaten, Erschöpfung, geringe körperliche Aktivität, verlangsamte Ganggeschwindigkeit und reduzierte Greifkraft. Die Teilnehmer wurden in die Gruppen non-frail, pre-frail und frail eingestuft wenn sie 0, 1 oder 2, und 3 und mehr Kriterien erfüllten. Bei 116 Teilnehmern wurde ein Hausbesuch, bzw. ein Telefoninterview vorgenommen, hierbei war kein Timed Up and Go (TUG) Test zur Bestimmung der Ganggeschwindigkeit möglich. Diese fehlenden Daten wurden durch Informationen aus dem Health Assessment Questionnaire Disability Index (HAQ-DI) angenähert. Ergebnisse: 3,5% der männlichen Probanden, die im Studienzentrum untersucht wurden, waren frail, 37,5% pre-frail und 59,0% non-frail (Frauen: 4,1%, 36,1%, 59,8%). Unter Einbeziehung der Hausbesuche ergaben sich nach dem modifizierten Verfahren folgende Prävalenzen für Männer: frail 3,8%, pre-frail 39,2% und non-frail 57,0% (Frauen: 6,1%, 37,5%, 56,4%). Diskussion: Durch die Einbeziehung der Daten aus Hausbesuchen stieg die Prävalenz von Frailty besonders bei den Frauen an. Ein Ausschluss dieser Studienteilnehmer auf Grund fehlender Werte hätte zu einer Unterschätzung der Prävalenz geführt. Eine situationsgerechte und flexible Definition von Frailty ist daher für weitere Analysen von großer Bedeutung.