Gesundheitswesen 2010; 72 - V103
DOI: 10.1055/s-0030-1266279

Multivariate Analyse des Impfverhaltens von Hausärzten in einer deutschlandweit-repräsentativen Querschnittsstudie: Ost-West-Vergleich und Anwendung alternativer Methoden

W Hoffmann 1, C Rautmann 1, M Weigel 1, J Schmidt 1, R Bruns 1, K Weitmann 1
  • 1Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Greifswald

Hintergrund: In Deutschland wird über unzureichende Durchimpfungsraten impfpräventabler Erkrankungen wie z.B. Masern oder Pertussis sowie die möglichen Ursachen diskutiert. In einer deutschlandweiten-repräsentativen Querschnittstudie wurden das Impfverhalten und die Impfeinstellung bei niedergelassenen Allgemeinmedizinern und Praktischen Ärzten sowie wichtiger Determinanten untersucht. Material/Methoden: Deutschlandweit wurden insgesamt 4282 niedergelassene Allgemeinmediziner, hausärztlich tätige Internisten und praktische Ärzte (10%-Zufallsstichprobe aller in einer freien Praxis praktizierender Hausärzte) gebeten, einen standardisierten und anonymisierten Fragebogen zu beantworten. Die Impfeinstellung der Ärzte wurde in „impft nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO)“, „impft vorwiegend nach STIKO“ und „impft nicht nach STIKO“ kategorisiert. Neben Angaben zum Bundesland des derzeitigen Niederlassungsortes wurden Daten zum Anteil der Alternativen Behandlungsmethoden am Behandlungsspektrum erhoben. Mit der logistischen Regression wurde die Wahrscheinlichkeit für die Kombination der Impfeinstellung „impft nach STIKO/impft vorwiegend nach STIKO“ vs. „impft nicht nach STIKO“ mit den Prädiktoren Alter, Geschlecht, Niederlassungsort (Ost/West) und Anwendung alternativer Methoden modelliert. Ergebnisse: Die Responseproportion lag bei 42,2%. Im multivariaten logistischen Modell wurden Odds Ratios (OR) und 95% Konfidenzintervalle (KI) ermittelt. Ärzte in den neuen Bundesländern (NBL) (Ref. alte Bundesländer (ABL); OR=3,05 (95%-KI: 1,82;5,09)) und männliche Ärzte (OR=1,63 (1,18;2,26)) impfen signifikant eher nach den Empfehlungen der STIKO, der Einfluss des Alters des Arztes ist nicht signifikant. Wird der Anteil der alternativen Behandlungsmethoden mit in das Modell aufgenommen, ergeben sich folgende Schätzer: Ärzte in den NBL (Ref. ABL; OR=1,84 (1,02; 3,29)) folgen eher den STIKO-Empfehlungen sowie Ärzte mit einem geringen Anteil an alternativen Behandlungsmethoden im Sinne einer Dosis-Wirkungsbeziehung ((Ref. Anteil >50%): Keine alternativen Methoden: OR=119,34 (56,64; 251,42), Anteil >0– ≤25%: OR=42,88 (21,98; 83,66), Anteil >25% – ≤50%: OR=10,35 (5,00; 21,43)). Alter und Geschlecht zeigen keinen signifikanten Einfluss auf die Impfeinstellung. Schlussfolgerung: Neben einem Ost-West-Unterschied stellt der Anteil der alternativen Methoden am gesamten Therapiespektrum einen zentralen Einflussfaktor für die Impfeinstellung und das Impfverhalten der niedergelassenen Allgemeinmediziner und Praktischen Ärzte dar. Komplementärmedizinisch ausgerichtete Ärzte sind eine wichtige Zielgruppe, um bevölkerungsbezogen hohe Durchimpfungsfungsraten zu erreichen.