Gesundheitswesen 2010; 72 - V101
DOI: 10.1055/s-0030-1266277

Erfolgen Diagnostik und Therapie von Patienten mit malignem Melanom in Schleswig-Holstein leitliniengerecht? Ergebnisse aus der OVIS-Studie

A Waldmann 1, M Schaal 1, R Pritzkuleit 1, H Raspe 2, A Katalinic 1
  • 1Institut für Krebsepidemiologie e.V., Lübeck
  • 2Institut für Sozialmedizin, Lübeck

Einleitung/Hintergrund: Im Rahmen der OVIS-Studie (Onkologische Versorgung in Schleswig-Holstein) wurden Informationen zur Krebserkrankung und die medizinische Versorgung von Patienten mit malignem Melanom mittels eines Fragebogens erfasst. Diese Angaben werden den Empfehlungen aus der interdisziplinären S2-Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung des malignen Melanoms gegenübergestellt. Material und Methoden: 608 an das Krebsregister Schleswig-Holstein gemeldete Patienten (Zeitraum der Diagnose: Januar 2002 bis Juni 2004) mit malignem Melanom und Zutreffen der Einschlusskriterien der OVIS-Studie wurden ca. 1 1/2 Jahr nach Therapieende postalisch befragt. Für die Analysen konnten 213 Patienten berücksichtigt werden (Gruppe I [n=146]: UICC I + Tumordicke ≤1mm; Gruppe II [n=67]: UICC I + Tumordicke >1mm oder UICC II). Empfehlungen der Leitlinie, wie „sollte erfolgen“, „wird empfohlen“, „nur im Einzelfall indiziert“, wurden in Referenzbereiche (>95%, 50–95%, <5%) transformiert. Ergebnisse: Die für diese Analyse berücksichtigten Patienten sind tendenziell etwas jünger und kommen etwas häufiger aus städtischem Wohngebiet. Die Patientenangaben deuten darauf hin, dass in Schleswig-Holstein eine wenig stadienadaptierte Versorgung durchgeführt wird (insbesondere bei der allgemeinen Diagnostik, der Ausbreitungsdiagnostik und der Tumornachsorge). Patienten mit niedrigerem Tumorstadium werden eher überversorgt, Patienten mit höherem Tumorstadium eher unterversorgt. Diskussion/Schlussfolgerungen: Angesicht des Einflusses der Faktoren Alter, Geschlecht und Wohnort auf die medizinische Versorgung (siehe Beitrag Schaal et al.) könnte die aufgezeigte Versorgungssituation leicht überschätzt sein. Der Vergleich zwischen von Patienten beschriebener und von der S2-Leitlinie empfohlener medizinischer Versorgung maligner Melanompatienten hat gezeigt, dass noch viel Feinarbeit für die Optimierung der Patientenversorgung und zur Verminderung der finanziellen Belastung des Gesundheitswesens getan werden kann. Von ärztlicher Seite aus sollte stärker darauf geachtet werden, dass spezielle Maßnahmen, wie PET-, CT- und MRT-Untersuchungen, nur für Hochrisikopatienten bestimmt sind und im Stadium UICC I in der Regel darauf verzichtet werden kann. Andere Untersuchungsmethoden zur Diagnostik und Ausbreitungsdiagnostik hingegen sollten bei Patienten im höheren Tumorstadium vermehrt durchgeführt werden.