Gesundheitswesen 2010; 72 - V86
DOI: 10.1055/s-0030-1266260

Der Einfluss von Persönlichkeitsvariablen und der Arzt-Patient-Beziehung auf die Lebensqualität kardiologischer Patienten nach einer Rehabilitation

E Farin 1, M Meder 1
  • 1Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg

Einleitung: Es liegen umfangreiche empirische Belege für einen Einfluss psychosozialer Merkmale auf die koronare Herzkrankheit vor. Zu den in diesem Zusammenhang am meisten diskutierten Merkmalen gehören die Persönlichkeitsvariablen Ärger und Zynismus (bzw. Feindseligkeit). Es wird der Einfluss dieser beiden Variablen auf die Veränderung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQOL) kardiologischer Patienten nach einer medizinischen Rehabilitation untersucht. Zusätzlich wird analysiert, ob nach Berücksichtigung dieser Variablen die Arzt-Patient-Beziehung (Patientenbeteiligung im Sinne von Shared Decison Making, Kommunikationsverhalten des Patienten, Vertrauen in den Arzt) einen Einfluss besitzt. Methode: N=331 Patienten mit chronisch-ischämischer Herzkrankheit werden zu zwei Zeitpunkten (Beginn und Ende einer stationären Rehabilitation) mit Fragebögen befragt. HRQOL wird mit drei Instrumenten gemessen: SF-12, MacNew und SAQ. Zur Vorhersage der HRQOL nach der Rehabilitation werden hierarchische Regressionsanalysen gerechnet, wobei schrittweise 1. Eingangswerte der HRQOL, 2. soziodemographische Variablen, 3. Krankheitsmerkmale und kardiologische Risikofaktoren, 4. Persönlichkeitsmerkmale und schließlich 5. Aspekte der Arzt-Patient-Beziehung aufgenommen werden. Ergebnisse: Nach Kontrolle der Eingangswerte klären die soziodemographischen Variablen bis zu 5% inkrementelle Varianz auf, wobei das Einkommen der wichtigste Prädiktor ist. Höheres Einkommen ist mit höherer HRQOL verbunden. Krankheitsmerkmale und kardiologische Risikofaktoren klären zwischen 0,4% und 3,8% inkrementelle Varianz auf, wobei der Varianzzuwachs jedoch oft nicht signifikant ist. Die im vierten Schritt aufgenommenen Persönlichkeitsmerkmale klären bis zu 2% zusätzliche Varianz auf; Trait-Ärger ist dabei der bedeutsamste Prädiktor. Die im letzten Schritt aufgenommenen Merkmale der Arzt-Patient-Beziehung führen bei allen Skalen zu einem signifikanten Zuwachs an aufgeklärter Varianz (zwischen 1,3% und 3,9%), wobei insbesondere ein die Partizipation des Patienten förderndes Verhalten des Arztes von Bedeutung ist. Die Varianzaufklärung liegt insgesamt bei 50% –64%. Diskussion: Geringes Einkommen, ein hohes Maß an Trait-Ärger und die mangelnde Einbeziehung des Patienten in die Behandlung stellen auch bei Adjustierung einer Vielzahl möglicher Confounder signifikante Risikofaktoren dar. Die Bedeutung der Patientenpartizipation sollten Behandler bei der Ausgestaltung der Patient-Behandler-Beziehung berücksichtigen.