Dtsch Med Wochenschr 1929; 55(47): 1973-1976
DOI: 10.1055/s-0028-1127441
Gesundheitswesen u. Krankenfürsorge

© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Die Krankheitsstatistik der rheinischen Krankenkassen 1922—1926

Landesgewerbearzt  Teleky in Düsseldorf
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Publication Date:
13 August 2009 (online)

Zusammenfassung

Das Ueberwiegen rein theoretischer Medizinalstatistik bei Abfassung von Schemen für Todesursachen- und Krankheitsstatistiken führt dazu, daß in den Schemen eine sehr große Zahl von Krankheitsbezeichnungen enthalten ist, zwischen denen zu unterscheiden dem praktischen Arzte, insbesondere dem Kassenarzte unmöglich ist. Die Zusammenfassung der verschiedenen Krankheiten in Gruppen erfolgt nach rein anatomischen oder entwicklungsgeschichtlichen Gesichtspunkten, und dies führt zu sinnstörenden Zusammenfassungen (z. B. Angina und Rachenkatarrh in die Gruppe der „Krankheiten der Verdauungsorgane”).

Die Spitzenverbände der rheinischen Krankenkassen haben deshalb 1921 für eine Krankenkassenstatistik ein die Krankheiten in Gruppen zusammenfassendes Krankheitsschema und ein Berufsschema entworfen. Danach verfassen eine Anzahl rheinischer Krankenkassen und gemäß einer Empfehlung des Reichsarbeitsministers, auch eine Anzahl anderer großer Krankenkassen Krankheitstatistiken nach diesen Grundlinien und Schemen.

Die Bearbeitung dieser Statistiken kann — da die Erkrankungshäufigkeit weitestgehend von wirtschaftlichen Verhältnissen und Kasseneinrichtungen abhängig ist — nicht durch eine einfache Zusammenfassung der daraus sich ergebenden Resultate erfolgen.

Die Altersverteilung der beiden Geschlechter ist ganz verschieden, bei den Frauen sind die Altersgruppen bis zum 30. Lebensjahr sehr viel stärker besetzt, die späteren sehr viel geringer als bei den Männern. Nur bei den Textilarbeiterinnen ist die Altersbesetzung der männlichen ähnlich, nur die Textilarbeit ist Lebensheruf der Frau, die andern Berufe sind fast ausschließlich Mädchenberufe. In Berlin sind auch schon andere Berufe, z. B. Bekleidungsberufe, zum Lebensberuf geworden.

Die Erkrankungshäufigkeit des weiblichen Geschlechts ist in allen Berufen größer als die des männlichen. Dabei verläuft die Krankheitskurve bei Betrachtung der einzelnen Altersklassen ganz entgegengesetzt. Bei Männern finden wir ein Sinken der Erkrankungshäufigkeit von der untersten oder der zweituntersten Altersgruppe an, meist fällt die geringste Erkrankungshäufigkeit in das Alter von 40—50 Jahren, und von da an findet ein Steigen statt; beim weiblichen Geschlecht finden wir die höchsten Krankheitszahlen im Alter zwischen 20 bis 40 Jahren, von da ab sinkt die Erkrankungshäufigkeit.

Die Statistiken der sich daran beteiligenden rheinischen Krankenkassen für die Jahre 1922—1926 (1926 mit zusammen 322 119 Mitgliedern) geben in der vorliegenden Bearbeitung Aufschluß über die Erkrankungshäufigkeit der verschiedenen Berufsgruppen. Am günstigsten ist von den Industrieberufen das Vervielfältigungsgewerbe gestellt. Darauf folgen die Textilarbeiter (männlich). Auch Handelsgewerbe und Gast- und Schankgewerbe stehen günstig. Die ungünstigsten Gesundheitsverhältnisse zeigen die Metallarbeiter, das Holz- und Schnitzstoffgewerbe und vor allem die Bauarbeiter. Die übrigen Berufe nehmen eine Mittelstellung ein.

Im Vervielfältigungsgewerbe haben relativ starke Beteiligung an der Erkrankungshäufigkeit die Nervenkrankheiten und die Magendarmkrankheiten. Bei den ungünstig gestellten Berufen ist auch die Unfallhäufigkeit besonders hoch.