Dtsch Med Wochenschr 1972; 97(47): 1807-1815
DOI: 10.1055/s-0028-1107654
© Georg Thieme Verlag, Stuttgart

Akuter Myokardinfarkt

I. Hämodynamik des linken Ventrikels* 1 Acute myocardial infarction: left-ventricular haemodynamicsW. Bleifeld, P. Hanrath, W. Merx, K.-W. Heinrich, S. Effert
  • Abteilung Innere Medizin I (Vorstand: Prof. Dr. S. Effert) der Technischen Hochschule Aachen
* Professor Dr. F. Grosse-Brockhoff zum 65. Geburtstag 1 Mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft SFB 109
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Publication Date:
15 April 2009 (online)

Zusammenfassung

Die bisher desolate Prognose für Patienten mit Herzinfarkt und Schock kann durch den Einsatz mechanischer Assistsysteme, unter Umständen in Verbindung mit kardiochirurgischen Maßnahmen, offensichtlich verbessert werden. Der Zeitpunkt für den Einsatz dieser Maßnahmen ist aber unklar, weil die klinische Symptomatik im Stich läßt. Daher sind detaillierte hämodynamische Untersuchungen unerläßlich, um die prognostisch ungünstigen Fälle rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln. Bei 34 Patienten konnten durchschnittlich 5œ Stunden nach Infarkteintritt die wesentlichen hämodynamischen Parameter gemessen werden: Der akute Myokardinfarkt führt stets zu einem Abfall des Schlag- und Herzzeitvolumens und der Schlagarbeit. Der Füllungsdruck der linken Kammer und der periphere Widerstand steigen, ebenso der Mitteldruck im Lungenkreislauf. Am zweiten Tag nach dem Infarkteintritt fallen Schlagvolumen, Herzzeitvolumen und Schlagarbeit weiter geringfügig ab und erreichen die Minima des gesamten Verlaufes. Die Hämodynamik bei Patienten mit Herzinfarkt und kardiogenem Schock ist gekennzeichnet durch die besonders hochgradige Erniedrigung des Schlagvolumens und des Herzzeitvolumens und den signifikanten Anstieg des linksventrikulären enddiastolischen Druckes und des peripheren Widerstandes. Der Quotient aus Schlagarbeitsindex und Füllungsdruck in der linken Kammer ist signifikant niedriger als bei Patienten ohne Schock. Von Fall zu Fall können die einzelnen Größen allerdings in einem weiten Bereich streuen. Daher kann der funktionelle Zustand des Herzens nach einem frischen Infarkt nicht durch einen einzelnen Parameter erfaßt werden. Eine prognostische Aussage ist dagegen mit der zusammenfassenden Betrachtung mehrerer Meßwerte möglich. Das Risiko des akuten Herzversagens ist hoch bei Patienten mit einem Herzminutenvolumenindex unter 1,75 l/min · m2, wenn gleichzeitig der linksventrikuläre Füllungsdruck über 17 mm Hg erhöht ist und der Quotient aus Schlagarbeitsindex und enddiastolischem Druck im linken Ventrikel unter 1,2 g·m/m2 · mm Hg fällt.

Summary

Haemodynamic data were obtained in 34 patients on average five-and-a-half hours after onset of an acute myocardial infarction. Acute myocardial infarction regularly resulted in a fall of the stroke volume, cardiac output and stroke work. The left-ventricular filling pressure and peripheral resistance increased, as well as the mean pressure in the pulmonary circulation. On the second day after infarction stroke volume, cardiac output and stroke work fell further to a minor degree, reaching the lowest value ever. The haemodynamics in patients with myocardial infarction and cardiogenic shock are characterized by a marked fall in stroke volume and cardiac output and a significant rise in left-ventricular end-diastolic pressure and peripheral resistance. The ratio of stroke work index and filling pressure of the left ventricle is significantly lower than in patients without shock. However, in individual cases some of the values are within a wide area of scatter. The functional state of the heart after acute myocardial infarction can, therefore, not be assessed by a single haemodynamic datum. A prognostic decision can, however, be made from several values. The risk of acute heart failure is high in patients with a cardiac index below 1.75 l/min · m2, if at the same time left-ventricular filling pressure is above 17 mm Hg and the ratio of stroke work index to end-diastolic pressure in the left ventricle is less than 1.2 g • m/m2 · mm Hg.

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